Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

38 de□ 
daß den Reingewinn unvorhergesehene Natur- 
und Kriegsereignisse auch schmälern können. 
(Aus einem Bericht des Landwirtschaftlichen Sachver- 
ständigen bei dem Kaiserlichen Konfulat in Chicagol. 
Entkörnung und Bewegung der Baumwollernte in 
den Vereinigten Staaten von Kmerika. 
Die Zensusabteilung des Bundesamtes für 
Handel und Arbeit in Washington hat am 9. No- 
vember d. Is. den vierten diesjährigen Bericht 
über die Menge der durch die Entkörnungsanstalten 
gegangenen Baumwolle der Ernte 1908 heraus- 
gegeben. Nach diesem Berichte sind bis zum 
1. November 8 199 782 Ballen (zwei zylindrische 
gleich einem würfelförmigen gerechnet) entkörnt 
worden. In den drei Vorjahren waren bis dahin 
nur 6 129 000, 6 906 000 und 6 458 000 Ballen 
entkörnt worden. 
Die bisherigen Feststellungen über die Betriebs- 
ergebnisse der Entkörnungsanstalten in Verbindung 
mit der Statistik der Erntebewegung bestätigen, 
was allgemein angenommen worden war, daß 
nämlich die Ernte früher zur Reife gekommen, 
schneller eingesammelt und in die Entkörnungs- 
anstalten gebracht worden ist und leichtere Versand- 
gelegenheit gefunden hat als in den drei Vor- 
jahren. Sichere Schlüsse über die Größe der 
Ernte lassen sich aus den Ergebnissen der bis- 
herigen Ermittlungen noch nicht ziehen. Die 
Schätzungen der Ernte gehen nicht unter 13 Mil- 
lionen Ballen. Diejenigen, welche die Ernte 
bisher schon auf mehr als 13 Millionen Ballen 
geschätzt haben, sind geneigt, angesichts des sehr 
günstigen Erntewetters, das auch während des 
Novembers angehalten hat, in ihrer Schätzung 
bis auf 13½ Millionen hinaufzugehen. In 
Georgia, wo der Ernteertrag im ganzen auf 
1 300 000 Ballen geschätzt worden war, sind 
bereits bis zum 1. November 1 384 000 durch 
die Entkörnungsanstalten gegangen. In Texas 
sind bis zu jenem Tage 25505 000 Ballen ent- 
körnt worden. Man spricht dort von einer Ernte 
von 4 Millionen Ballen. 
In den ersten beiden Monaten des laufenden 
Betriebsjahres (September und Oktober) sind in 
Sicht, d. h. aus der Hand des Produzenten heraus 
gekommen 3 736 000 Ballen, erheblich mehr, als 
während der entsprechenden Monate in den drei 
Vorjahren, und nur 26 000 Ballen weniger als 
im Jahre 1904 mit der Riesenernte. Diese in 
Sicht gekommene Menge ergibt mit den am 
31. August aus dem Vorjahre verbliebenen sicht- 
baren Vorräten von 281 000 Ballen ein Angebot 
auf dem Markte von 4 017 000 Ballen. Hiervon 
wurden nach Europa verschifft 1 798 000 Ballen 
  
gegen 1 252 000 und 1 581 000 in den beiden 
Vorjahren; von den Spinnereien in den Ver- 
einigten Staaten ausgenommen wurden 914 000 
Ballen gegen 723 000 und 785 000 in den 
beiden Vorjahren. Es verblieben demnach am 
1. November auf dem Markte, d. h. an den 
hauptsächlichen Plätzen im Innern und in den 
Häfen, 1 305 000 Ballen gegen 1 063 000 und 
1 267 000 in den beiden Vorjahren. 
Bei dieser Lage des Marktes für Rohbaum- 
wolle ist es erklärlich, daß der Preis sich nicht 
über den Stand vom Anfang des Monats Ok- 
tober gehoben hat, obwohl das Geschäft auf dem 
Textilmarkte in den Vereinigten Staaten sich bessert 
und eine stetige, wenn auch langsame Besserung 
weiterhin erwarten läßt. Die Lage auf dem 
europäischen Baumwollmarkte bleibt gedrückt und 
läßt trotz der inzwischen erfolgten Beendigung der 
Arbeitseinstellung in Lancashire noch keine Zeichen 
der nahenden Besserung erkennen. Der Preis 
für Lokoware (middling) war am 5. und 6. Ok- 
tober in New Orleans mit 8¼/ Cents für das 
Pfund notiert. Er stieg langsam bis 9 Cents, 
auf welchem Stande er sich bis Ende des Monats 
hielt, und steht seit Anfang November auf 
81½5/16 Cents. Die wachsende Anhäufung der 
Vorräte an den Hafenplätzen deutet darauf hin, 
daß die Baumwolle zu den notierten Preisen nur 
schleppennd Absatz findet. Die Terminpreise haben 
sich gegen Oktober in New Orleans wie in New 
Vork um etwa 50 Punkte gehoben. Der Preis 
für Dezember schloß am 10. November in New 
Orleans mit 8,79, in New York mit 8,89 Cents 
für das Pfund. 
Wenn bei dem gegenwärtigen Stande der 
Dinge angenommen werden darf, daß der Welt- 
bedarf des laufenden Betriebsjahres an ameri- 
kanischer Baumwolle durch die hereinkommende 
Ernte mehr als reichlich gedeckt werden wird, so 
ist doch darauf aufmerksam zu machen, daß der 
Vorrat an langstapeliger Baumwolle guter Be- 
schaffenheit mit einer Faserlänge von 1¼ bis 
1½ engl. Zoll (— 32 bis 38 mm) knapp zu 
werden beginnt. Die Mississippi-Niederung, die 
diese Baumwolle hervorbringt, ist nun auch von 
dem Baumwollschädling (boll weevil) bei seinem 
Vordringen nach dem Osten hin befallen worden, 
und die Pflanzer werden, um die Baumwollkultur 
fortzusetzen, genötigt sein, auf die kurzstapeligen 
Sorten zurückzugreifen, die wegen ihrer früheren 
Reife bei früherer Aussaat vor dem Angriffe der 
Schädlinge bewahrt bleiben können. 
(Bericht des Kaiserl. Konsulats in New Orleans 
vom 10. November 1908.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.