Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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von hohen Dünen die Naukluft zu sehen, so daß 
gewandte Leute sich nicht mehr verirren konnten. 
Unter einem zuverlässigen Reiter und einem in 
der Naukluftgegend bekannten Hottentotten wurden 
vier Tiere zurückgelassen. Von Ababis sollte dann 
der Wasserwagen entgegenkommen, doch trafen die 
Leute bereits am 26. mit allen Tieren in Ababis 
ein. 
Der Marsch von West nach Ost war unver- 
gleichlich anstrengender als der Westmarsch. Die 
Dünen sind bedeutend höher und schwieriger, be- 
sonders durch die nach Westen fast senkrechten 
Sandmauern, die wir auf Händen und Füßen er- 
kletterten und auf die wir nur mit größten Mühen 
die Kamele hinaufbekommen konnten, die, oben 
angelangt, vor Anstrengung zitterten. Besonders 
schwierig war die Sache für die Reiter, die mehrere 
Tiere hatten, noch mehr erschwert durch das häu- 
fige Hinfallen der Kamele an Steilabstiegen. Oft 
wurde man, nachdem man einen Rand erstiegen 
hatte, durch ein störriges Kamel wieder herunter- 
gezogen. So waren wir einmal bereits eine 
Stunde unter großen Anstrengungen auf eine 
hohe Düne gestiegen, mußten dann aber wieder 
kehrtmachen, um in der Dunkelheit einen anderen 
lÜbergang zu suchen, weil es absolut unmöglich 
war, die Tiere über die Mauer zu bekommen. 
Beim Ostmarsch wurden täglich etwa 10 bis 
!12 Stunden marschiert; nur auf ganz kurze 
Strecken konnte in den Tälern manchmal geritten 
werden. Innerhalb einer Stunde wurden etwa 
2 bis 2½ km Luftlinie zurückgelegt, während wir 
tatsächlich meist 3 bis 4 km marschiert waren. 
Das von Meob mitgebrachte brackige Wasser war 
knapp geworden, da beim Fußmarsch und Klettern 
bei einer Temperatur von 30“ C. zwei Liter 
Wasser täglich für den Mann zu wenig sind. Auch 
der Proviant war zu Ende, deshalb wurde der 
zur Reserve mitgenommene Reis und Fett aus- 
gegeben; am 23. gelang es uns, einen Gemsbock 
zur Strecke zu bringen, so daß wir nun mit Fleisch 
und Reis genügend versorgt waren. Von Gorab 
mitgenommenes Brod war am 20. verschimmelt 
und vom 22. ab ungenießbar. Als Brennholz fand 
sich an der Küste genügend Wrackholz, im Flug- 
sand fehlte Holz gänzlich und erst am 23. konnten 
wir mit Kriechholz Feuer machen. 
Daß in der Namib sich noch eine bewaffnete 
Hottentottenbande herumtrieb, glaube ich nicht 
mehr. Alle hierüber auftauchende Meldungen und 
Gerüchte sind m. E. Fabeln. Ebenso bin ich der 
liberzeugung, daß die unter dem 24. Breitengrade 
eingezeichneten Wasserstellen nicht existieren, und 
daß das von Professor Dove erwähnte sagen- 
hafte „Paradies“ wahrscheinlich mit Meob 
identisch ist. Meob entspricht den mir von Busch- 
leurten gemachten Beschreibungen der Wasser- 
  
stelle, die als die schönste bekannt ist. Auch soll 
das sogenannte „Paradies“ nach den Erzählungen 
von Ansiedlern Mios oder Meos heißen. Da 
dieser Name den Buschleuten unbekannt ist, halte 
ich ihn für eine Verstümmelung von Meob. 
Auf die unbestimmten Angaben von Busch- 
leuten an der Küste, daß in den Dünen südlich des 
Kuiseb noch eine Wasserstelle sein soll, lege ich 
wenig Wert, weil die Leute m. E. wohl erst durch 
das fortgesetzte Fragen von Diamantensuchern 
darauf gekommen sind. Es konnte mir niemand 
sagen, ob sie tatsächlich existiere, alle haben sie nur 
davon gehört. Weiter liegen alle bekannten 
Wasserstellen abseits der Küste in Bergen, wir 
haben stets den Horizont abgesucht, aber nie einen 
Berg gesehen. Auch Herr Major Märcker, Pro- 
spektor John und eine Rehobother Expedition, 
die in der dortigen Gegend waren, haben keine 
Berge und kein Wasser entdecken können. Als 
weiteren Gegenbeweis führe ich einen alten Busch- 
mann in Ababis an, der seit Jahren alle Pa- 
trouillen gegen seine Stammesbrüder geführt hat. 
Da diese ihm den Tod zugeschworen haben, würde 
die Drohung, daß jeder, der das „Paradies“ ver- 
rät, getötet wird, auf ihn kaum Eindruck machen. 
Auf meine wiederholten und eindringlichen Fragen 
gab er nun immer wieder an, daß es dort in den 
Dünen kein Wasser gebe; er habe in seiner Jugend 
dort gejagt und kenne den Sand genau. Es sei 
ausgeschlossen, daß dort Menschen leben könnten, 
da dort auch keine Marabüsche vorhanden seien. 
Wenn dort tatsächlich Buschleute und Hotten- 
totten leben sollten, so könnten sie sich m. E. nicht 
vollkommen von der Kultur abschließen. Auch die 
unkultiviertesten Buschmänner entbehren ungern 
den Tabak und man müßte wohl irgendwo, 
vielleicht in Walfischbay, Spuren von ihnen 
haben, da sie dann dort wohl ebenso, wie auf den 
englischen Guanoinseln, Tauschhandel treiben wür- 
würden. Soviel ich erfahren konnte, ist hiervon 
nichts bekannt. 
Wenn die fraglichen Wasserstellen tatsächlich 
vorhanden sein sollten, so werden sie wohl in ab- 
sehbarer Zeit gefunden werden, da sie als sagen- 
hafter Herd der Diamanten das Ziel als Dia- 
mantsucher sind. Bis dahin muß ich auf Grund 
meiner allgemeinen Kenntnisse der Namib und 
Erfahrung der letzten Expedition und auf Grund 
der Aussagen von alten Buschleuten die Existenz 
dieser Wasserstellen bestreiten. 
1 * 
* 
Die von mir als Führer mitgenommenen 
Buschleute waren erst vor kurzer Zeit gefan- 
gen und haben, nachdem ihnen der friedliche Zweck 
der Expedition (Landesaufnahme) klar geworden 
war, sehr gut geführt und viel erklärt. Trotzdem
	        
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