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von hohen Dünen die Naukluft zu sehen, so daß
gewandte Leute sich nicht mehr verirren konnten.
Unter einem zuverlässigen Reiter und einem in
der Naukluftgegend bekannten Hottentotten wurden
vier Tiere zurückgelassen. Von Ababis sollte dann
der Wasserwagen entgegenkommen, doch trafen die
Leute bereits am 26. mit allen Tieren in Ababis
ein.
Der Marsch von West nach Ost war unver-
gleichlich anstrengender als der Westmarsch. Die
Dünen sind bedeutend höher und schwieriger, be-
sonders durch die nach Westen fast senkrechten
Sandmauern, die wir auf Händen und Füßen er-
kletterten und auf die wir nur mit größten Mühen
die Kamele hinaufbekommen konnten, die, oben
angelangt, vor Anstrengung zitterten. Besonders
schwierig war die Sache für die Reiter, die mehrere
Tiere hatten, noch mehr erschwert durch das häu-
fige Hinfallen der Kamele an Steilabstiegen. Oft
wurde man, nachdem man einen Rand erstiegen
hatte, durch ein störriges Kamel wieder herunter-
gezogen. So waren wir einmal bereits eine
Stunde unter großen Anstrengungen auf eine
hohe Düne gestiegen, mußten dann aber wieder
kehrtmachen, um in der Dunkelheit einen anderen
lÜbergang zu suchen, weil es absolut unmöglich
war, die Tiere über die Mauer zu bekommen.
Beim Ostmarsch wurden täglich etwa 10 bis
!12 Stunden marschiert; nur auf ganz kurze
Strecken konnte in den Tälern manchmal geritten
werden. Innerhalb einer Stunde wurden etwa
2 bis 2½ km Luftlinie zurückgelegt, während wir
tatsächlich meist 3 bis 4 km marschiert waren.
Das von Meob mitgebrachte brackige Wasser war
knapp geworden, da beim Fußmarsch und Klettern
bei einer Temperatur von 30“ C. zwei Liter
Wasser täglich für den Mann zu wenig sind. Auch
der Proviant war zu Ende, deshalb wurde der
zur Reserve mitgenommene Reis und Fett aus-
gegeben; am 23. gelang es uns, einen Gemsbock
zur Strecke zu bringen, so daß wir nun mit Fleisch
und Reis genügend versorgt waren. Von Gorab
mitgenommenes Brod war am 20. verschimmelt
und vom 22. ab ungenießbar. Als Brennholz fand
sich an der Küste genügend Wrackholz, im Flug-
sand fehlte Holz gänzlich und erst am 23. konnten
wir mit Kriechholz Feuer machen.
Daß in der Namib sich noch eine bewaffnete
Hottentottenbande herumtrieb, glaube ich nicht
mehr. Alle hierüber auftauchende Meldungen und
Gerüchte sind m. E. Fabeln. Ebenso bin ich der
liberzeugung, daß die unter dem 24. Breitengrade
eingezeichneten Wasserstellen nicht existieren, und
daß das von Professor Dove erwähnte sagen-
hafte „Paradies“ wahrscheinlich mit Meob
identisch ist. Meob entspricht den mir von Busch-
leurten gemachten Beschreibungen der Wasser-
stelle, die als die schönste bekannt ist. Auch soll
das sogenannte „Paradies“ nach den Erzählungen
von Ansiedlern Mios oder Meos heißen. Da
dieser Name den Buschleuten unbekannt ist, halte
ich ihn für eine Verstümmelung von Meob.
Auf die unbestimmten Angaben von Busch-
leuten an der Küste, daß in den Dünen südlich des
Kuiseb noch eine Wasserstelle sein soll, lege ich
wenig Wert, weil die Leute m. E. wohl erst durch
das fortgesetzte Fragen von Diamantensuchern
darauf gekommen sind. Es konnte mir niemand
sagen, ob sie tatsächlich existiere, alle haben sie nur
davon gehört. Weiter liegen alle bekannten
Wasserstellen abseits der Küste in Bergen, wir
haben stets den Horizont abgesucht, aber nie einen
Berg gesehen. Auch Herr Major Märcker, Pro-
spektor John und eine Rehobother Expedition,
die in der dortigen Gegend waren, haben keine
Berge und kein Wasser entdecken können. Als
weiteren Gegenbeweis führe ich einen alten Busch-
mann in Ababis an, der seit Jahren alle Pa-
trouillen gegen seine Stammesbrüder geführt hat.
Da diese ihm den Tod zugeschworen haben, würde
die Drohung, daß jeder, der das „Paradies“ ver-
rät, getötet wird, auf ihn kaum Eindruck machen.
Auf meine wiederholten und eindringlichen Fragen
gab er nun immer wieder an, daß es dort in den
Dünen kein Wasser gebe; er habe in seiner Jugend
dort gejagt und kenne den Sand genau. Es sei
ausgeschlossen, daß dort Menschen leben könnten,
da dort auch keine Marabüsche vorhanden seien.
Wenn dort tatsächlich Buschleute und Hotten-
totten leben sollten, so könnten sie sich m. E. nicht
vollkommen von der Kultur abschließen. Auch die
unkultiviertesten Buschmänner entbehren ungern
den Tabak und man müßte wohl irgendwo,
vielleicht in Walfischbay, Spuren von ihnen
haben, da sie dann dort wohl ebenso, wie auf den
englischen Guanoinseln, Tauschhandel treiben wür-
würden. Soviel ich erfahren konnte, ist hiervon
nichts bekannt.
Wenn die fraglichen Wasserstellen tatsächlich
vorhanden sein sollten, so werden sie wohl in ab-
sehbarer Zeit gefunden werden, da sie als sagen-
hafter Herd der Diamanten das Ziel als Dia-
mantsucher sind. Bis dahin muß ich auf Grund
meiner allgemeinen Kenntnisse der Namib und
Erfahrung der letzten Expedition und auf Grund
der Aussagen von alten Buschleuten die Existenz
dieser Wasserstellen bestreiten.
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Die von mir als Führer mitgenommenen
Buschleute waren erst vor kurzer Zeit gefan-
gen und haben, nachdem ihnen der friedliche Zweck
der Expedition (Landesaufnahme) klar geworden
war, sehr gut geführt und viel erklärt. Trotzdem