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In der vierten Mitteilung war erwähnt
worden, daß es den Engländern gelungen sei,
sich in den Besitz der Station Schirati zu setzen.
Dabei war bemerkt worden, daß diese Station
anscheinend nur schwach besetzt gewesen sei. Zetzt
ist das Nähere durch nachstehende amtliche Mel-
dung bekannt geworden:
„Am 8. Jannar beschossen zwei große eng-
lische Dampfer mit sechs Geschützen das nur
schwach besetzte Schirati und erzwangen nach
3½ stündigem Feuer die Räumung des Ortes.
Darauf landeten sie zwei indische Kompagnien,
viele berittene Europäer und Farbige und be-
setzten die schwer beschädigte Boma.“
Wie erinnerlich, wurden diese Streitkräfte am
17. Jannar unter erheblichen Verlusten geschlagen
und mußten die Station wieder räumen und
unseren siegreichen Truppen überlassen. Nachdem
die Engländer dann am 9. März östlich Schirati
von der Abteilung des Hauptmanns v. Haxt-
hausen nochmals geschlagen worden waren"),
zogen sie sich über die Grenze zurück.
Erst Anfang Juni wagten sie einen aber-
maligen Vorstoß. In der Nacht vom 4./5. Juni
wurde der an der Grenze, anscheinend in der
Nähe des Sees stehende Posten des Leutnants
d. Res. Becker von einem mehrfach überlegenen
Gegner umzingelt und am 5. morgens angegriffen,
wobei ein Dampfer durch Geschützfeuer mitwirkte.
Nach kurzem Gefecht gelang es aber dem Posten,
sich des Angreifers zu erwehren und den Gegner
mit einem Verlust von sieben Toten, darunter
zwei Europäer, in die Flucht zu schlagen. Er-
beutet wurden bei dieser Gelegenheit Waffen und
Munition, Schanzzeug, Proviant sowie 60 Stück
Groß= und 200 Stück Kleinvieh. Die Abteilung
Becker verlor nur einen Träger tot, einen ver-
wundet.
Nach diesem weiteren Mißerfolg räumten die
Engländer das Gebiet jenseits der Grenze bis
zum Gorifluß. Mehrere von ihnen verlassene
Stützpunkte wurden von unseren Truppen zerstört
und viel Vieh erbeutet.
Ann 26. Juni erschien dann nochmals ein
Dampfer vor Schirati und gab ohne Erfolg einige
Schüsse auf die Station ab.
In der letzten (fünften) Mitteilung war ein
englischerseits gegen die am Westufer liegende
Station Bukoba gerichtetes Unternehmen erwähnt
worden. Die Bestätigung dieser Nachricht liegt
jet vor. Die Meldung lautet:
„Am 21. Juni griffen die Engländer mit
stark überlegenen Kräften unsere Stellung am
Kagera an, wurden aber abgewiesen.
Siehe fünfte Mitteilung.
Gleichzeitig landeten bei Makonge, nördlich
Bukoba, durch dichten Nebel begünstigt, etwa
450 Europäer, 2000 Farbige mit zwei Feld-
geschützen und acht Maschinengewehren. Die
Besatzung Bukobas verteidigte sich fast zwei
Tage, brachte dem Feind schwere Verluste bei
und zog dann landeinwärts ab. Am zweiten
Tage nachmittags wurde Bukoba vom Feinde
besetzt, aber nach gründlicher Plünderung und
Zerstörung wieder geräumt und am 24. Juni
von unseren Truppen wieder besetzt. Auf
unserer Seite fielen Unteroffizier Wieda, Land-
sturmmann Gouvernementssekretär Warnecke und
fünf Askari. Der Feind hat in Bukoba zwölf
Tote begraben und angeblich 150 Tote und
Verwundete zu Schiff weggebracht. Außer den
farbigen Truppen hatte der Gegner 800 Euro-
päer vom 25. Royal Füsilier-Regiment und auf
sieben Dampfern 21 Geschütze.
So hat also die Zerstörung der Station Bukoba
und damit auch die der dort befindlichen draht-
losen Station leider ihre Bestätigung gefunden.
Infolge ihrer bedeutenden zahlenmäßigen Uber-
legenheit an Truppen und an technischen Hilfs-
mitteln ist den Engländern dieses Unternehmen
gelungen. Hohe Anerkennung verdient jedoch die
verhältnismäßig schwache deutsche, in der Haupt-
sache nur aus Farbigen bestehende Besatzung, die
den ihr weit überlegenen Feind nicht nur fast
zwei volle Tage aufhielt, sondern ihm auch recht
erhebliche Verluste beibrachte.
Im übrigen beschränkten sich die Engländer
darauf, von ihren Dampfern aus einige offene
Plätze am Victoria-See zu beschießen, ohne jedoch
größeren Schaden anzurichten.
Gebiete um den Kiwu-See.
Gelegentlich der Wiedergabe belgischer Mel-
dungen über Kämpfe am Kiwu-See und nördlich
des Tanganjika-Sees in der 5. Mitteilung war
schon auf den zweifelhaften Wert dieser belgischen
Nachrichten aufmerksam gemacht worden. Be-
sonders kann von der angeblich am 28. Juni
erfolgten Einnahme der Station Kissenji durch
Überrumpelung keine Reede sein.
Über die Ereignisse in der fraglichen Gegend
liegen folgende amtliche Meldungen vor:
„Am 30. April beschossen die Belgier den am
Südende des Kiwu-Sees liegenden Ort Tschangugu
(früherer deutscher Posten) ohne Erfolg. Der
Abteilung Reupke gelang am 20. Mai ohne Ver-
luste ein Uberfall auf einen belgischen Posten am
Russisi, der dabei einen Verlust von drei Toten hatre.
Anscheinend aus Uganda herangezogene englische
Streitkräfte mit zwei Maschinengewehren unter-
nahmen am 28. Mai einen Angriff auf den
unter dem Befehl des Leutnants Lang stehenden