Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

G 170 20 
metrische Betriebsüberschuß belief sich im Durchschnitt 
auf 1815 gegen 1200 Fr. = 967 J und die Ka- 
pitalverzinsung auf 2,30 gegen 1,34 v. H. für Fran- 
zösisch-Westafrika. Das Wirtschaftsbild unserer zum 
größten Teil noch sehr jugendlichen, wenig entwickelten 
Kolonialbahnen von 1913 ist danach also keinesfalls 
ungünstiger als das der fransösischen Bahnen von 
Westafrika für 1916. . B. 
Über die Entwichlungsmöglichkelten Oarokhos 
veröffentlicht die „Information“ vom 18. April 1918 
längere Ausführungen, die etwa folgendes besagen: 
Der Boden Marokkos ist einer der fruchtbarsten 
der ganzen Erde und bietet reiche Entwicklungsmöglich- 
keiten. Besonders. günstige Bedingungen finden der 
Getreideanbau und die Gemüse= und Obstgucht, deren 
Erzeugnisse nach dem Kriege wahrscheinlich auf allen 
europäischen Märkten sehr begehrte Artikel sein werden. 
Die Bedingungen für die Viehzucht, insbesondere die 
Rindviehzucht, sind indes nicht weniger günftig und 
jedenfalls besser als in den sonstigen Ländern Nord- 
afrikas. Man hat sogar? Marokko das Land der Vieh- 
zucht genannt, so wie Tunis häufig das Land der 
Olive, Algerien das Land der Weinrebe genaunt 
wurde. Wenn darin auch zweifellos eine gewisse Über- 
treibung liegt, so zeigt der Ausspruch doch, wohin die 
wirtschaftliche Entwicklung des Landes vor allem 
deutet. — Während uns die Oberfläche Marokkos zur 
Genüge bekannt ist. können wir uns über die Schätze 
und Entwicklungsmöglichkeiten, die noch im Schoße des 
Bodens schlummern, nur in Vermutungen ergehen; 
denn bisher wurde das Land nur flüchtig im Interesse 
einzelner Gesellschaften auf seine Bodenschätze hin unter- 
sucht, und die Ergebnisse der Untersuchungen wurden 
von den betreffenden Gesellschaften streng geheim ge- 
halten. Es sollen aber reiche Schätze vorhanden sein, 
insbesondere an Gold, Silber, Blei, Eisen, Kupfer und 
Antimon. Jedenfalls weisen die Küstengebiete mincral- 
haltige Bestandteile auf, eine genauere Erforschung 
muß jedoch der Zukunft überlassen bleiben. Zur Zeit 
lann man nur mit Bestimmtheit sagen, daß Marokko, 
wie ganz Nordafrika, sehr reiche Salgzlager besitzt, die 
in Gestalt von Salzauellen, Salzseen und Salzfelsen 
noch der Ausbeutung harren. In einigen Gruben ge- 
winnt man auch Eisen, Bleiglanz und Galmei. Die 
Betriebe befinden sich indes noch in sehr wenig ent- 
wickeltem Zustande. Nach dem Kriege wird es eine 
dringliche Ausgabe sein, die Schätze des marokkanischen 
Vodens einer genaueren Erforschung zu unterziehen. 
— Was nun den dritten Hauptfaktor jeder volkswirt- 
schaftlichen Entwicklung, die Bevölkerung, aubetrifft, so 
ist der Marokkaner ein fleißiger und tüchtiger Arbeiter, 
der unter dem erzieherischen Einfluß enropäischer 
Kultur dem Lande ohne Zweifel große Reichtümer ab- 
ringen wird; denn für Ackerban und Viehzucht scheint 
er besonders geceignet zu sein, während er sich in der 
Stadt bald zu einem gewandten Händler entwickelt. 
Es muß aber die Aufgabe jeder zulünftigen Regierung 
sein, dafür zu sorgen, daß die Eingeborenen im Besitz 
ihrer Ländereien bleiben und daß sie diese nicht für 
ein Spottgeld, das gewöhnlich in kurzer Zeit doch 
schon vergeudet ist, an Europäer verkaufen. Es besteht 
sonst die Gefahr, daß sie dem Räuber= und Vaga- 
bundentum, das zur Zeit schon ein Krebsschaden des 
Landes und der größte Feind seiner Entwicklung ist, 
anheimfallen. Wir wollen endlich nicht verheimlichen, 
daß es noch einen anderen Faktor gibt, der der euro- 
päischen Kultur großen Widerstand entgenruseh: den 
Islam. In dieser Beziehung werden an die Geg##udt- 
  
  
heit und den Takt der enropäischen Beamten besondere 
Anforderungen hestellt werden, denn die schwierige 
Aufgabe ist hier, die enropäische Kultur mit den Vor- 
schriften der Landesreligion möglichst auszusöhnen. — 
Der Außenhandel Marokkos geht zum Teil über die 
Häfen der atlantischen und Miktelmcerkül über 
Melilla oder über die algerische Grenze. Der Einfuhr- 
zoll beträgt für die meisten Waren 12, v. H., worin 
ein Aufgoll von 2,50 v. H. mit einbegrissen ist. Nach 
den Beftimmungen der Konferenz von Algeciras wird 
das Ergebnis dieses Zolles zur Ausführung öffentlicher 
lrbeiten im Lande benutzt. — Die Ausfuhrzölle richten 
sich nach der Art der Waren und sind durchaus ver- 
chieden. Mclilla ist ein Freihandelshafen. Beim 
Überschreiten der Grenze des Freihafens wird der 
  
  
Ware ein Zoll von 5 v. H. des Wertes auferlegt. Die 
französischen Waren genießen keine Zollbegünstigung. 
Die erste regelmäßige Statistik über den Außenhandel 
Marokkos stammt aus dem Jahre 1905; eine genaue 
Kontrolle wurde indes erst im Jahre 1908 eingeführt. 
Der Gesamtaußenhandel des Landes betrug im Jahre 
1913 in runden Zahlen 200 Millionen Franken, von 
denen 233 Millionen Franken über die Häfen, 12 
Millionen zu Lande über Algerien und 12 Millionen 
über Melilla gingen. Im Jahre 1911 betrug der 
Handelsverlehr über die Häfen nur 146 Millionen 
Franken. Er hat sich demnach innerhalb von zwei 
Jahren fast verdoppelt und kommt dem Gesamthandel 
von Tunis annähernd gleich. Diese Statistik umfaßt 
ober nur ben eigentlichen, kanfmännischen Handels- 
erkehr des Landes; Waren, die für Rechnung der 
Helehroaebrorn eingeführt werden, sind nicht mit ein- 
begrisfen. — Marokko ist vor allem Einfuhrland. Sieht 
man vom Handel des Freihafengebiets von Melilla 
ab, so betrug die Einfuhr im Jahre 1913 231 Millionen 
Franken und die Ausfuhr 16½ Millionen Franken. 
Es ist interessant, zu beobachten, daß die Höhe der 
Einfuhr in unmittelbarem Verhältnis zur Einwande- 
rung in Marokko steht, seit der Errichtung des (fran- 
zösischen) Protektorats andauernd und stark gewachsen 
ist und wahrscheinlich in Zukunst noch weiter wachsen 
wird. — Die erste Stelle unter den Einfuhrwaren des 
Landes nehmen die Lebensmittel ein. Im Jahre 1913 
wurde Zucker im Werte von 37 Millionen Franken 
eingeführt; die Einfuhr von Getreide, Butter und 
Grieß betrug insolge der schlechten Ernte jenes Jahres 
29 Millionen Franken, die von Tee 8 Millionen und 
die von Getränken 10 Millionen Franken. Die zweite 
Stelle in der Einfuhr nimmt die Einfuhr von Tertil= 
waren ein, denn die Textilindustrie befindet sich in 
Marokko noch in den #nnderichuhen: Zum Spinnen 
verwendet man lleine Rädchen und Spindeln, die 
Weberei wird lediglich mit der Hand ausgeübt. Die 
Europäer stoßen daher auf keinen starken Wettbewerb 
von seiten der Eingeborenen. Im Jahre 1913 erreichte 
die Einfuhr von Baumwollgeweben allein 25 Millionen 
Franken, die der Wollgewebe 4 300 000, die der Rein- 
seidengewebe und der Wollseidengewebe 3300 000 Fr.; 
konfektionierte Waren wurden im Werte von 4 Millionen 
Franken eingeführt. — An Hausgebrauchsgegenständen 
wurden in demselben Jahre eingeführt: für 4 Millionen 
Franken Wachs und Wachskerzen, für 1 Million Franken 
Seife, für 1 800 O00 Fr. Möbel und Hausgerät. An 
Werkzeugen und gewerblichen Gebrauchsgegenständen 
zählte man: für 6 Millionen Franken Eisenwaren, für 
10 Millionen Franken Metallgerät aller Art, für 
2 Millionen Franken Automobile und für 4 Millionen 
Franken Kalk und Zement. — Die Ausfuhr beschränkt 
sich fast lediglich auf landwirtschaftliche Erzeugnisse, ist 
also ganz von den Ergebnissen der Ernte abhängig, 
woraus sich die großen Schwanlungen in den Ausfuhr-=
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.