8 2. Staatsrechtliche Stellung der Oberlansitz von 1655—1834. 13
der Klassen entscheidet die Majorität, welche Ansicht als die Stimme
der Klasse zu gelten habe. Daher stimmt jede MHlasse zunächst unter
sich ab und setzt sich dann mit der andern in Derbindung, um wo-
möglich ein übereinstimmendes Resultat zu erzielen. Kommt keine
Einigung zwischen beiden Klassen zu Stande, so steht dem Landes-
herrn die Entscheidung zu, nur daß durch diese seine Entscheidung
keine TUeuerung eingeführt oder gebilligt werden darf. — Die Stände
unterstehen, um ihrer wichtigen verfassungsrechtlichen Stellung willen,
nur dem Kurfürsten, und haben Weisungen nur aus seinem geheimen
HKonsil zu empfangen. Dieses schon vorher bestandene Hrivileg
hat ihnen Kurfürst Johann Georg IV. 1602 bestätigt. )
2., Staatliche Funktionen in der Oberlausitz.
A. Gesegebung.
Wir gehen jetzt zur Ausübung der staatlichen Funktionen und zwar
zunächst zur Gesetzgebung über. Der Markgraf hat das Recht der Ge-
setzgebung. Er übt dasselbe durch sein geheimes Konsil aus, von wel-
chem die Gesetze an den Landvogt, später das Oberamt, geschickt wer-
den, welchem nun die weitere Dublikation an die unteren Behörden, die
Aemter zu Budissin und Görlitz und die Stadträte der Sechsstädte
obliegt, während den Aemtern endlich die Bekanntmachung an Kitter,
herren und sonstige Obrigkeiten anheimfällt. Der Markgraf braucht in
der Regel bei Gesetzen die Stände nicht um ihre Sustimmung zu fragen;
es ist blos üblich, daß sie bei wichtigeren Angelegenheiten darum ange-
gangen werden. Dagegen müssen sie gefragt werden einmal, wie wir
früher gesehen haben, bei Derfassungsänderungen und ferner bei Ein-
führung von Abgaben. Die Stände haben das weitgehendste Steuer-
1) Kolls. W. III. S. 678.