Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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sobald ihn entfernt von einer Stadt die Nacht übereilte. Keinem 
Reisenden war es (vom Jahre 1555 an) gestattet, in einem Gasthofe 
auf dem Lande zu Mittage zu essen oder abends sein Nachtlager 
daselbst aufzuschlagen. So sonderbar uns diese Einrichtung auch zu 
sein scheint, so war sie doch sehr gut gemeint. Allgemein klagten damals 
die Reisenden über Uebertheuerung. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, 
wurden die Gastwirthe angewiesen, dem Fremden die Kosten für Essen, 
Trinken, Nachtlager und das Futter für das Vieh einzeln zu be— 
rechnen. Glaubte der Gast übertheuert worden zu sein, so sollte er 
sich bei der Obrigkeit beschweren, und dies konnte damals am leichtesten 
in den Städten geschehen. 
Merkwürdig bleibt es, daß man erst vor 300 Jahren anfing, 
die Kutschen als Fuhrwerk zu benutzen, und auch damit ging es 
anfangs nur langsam vorwärts. Um das Jahr 1550 lernte man 
erst in Sachsen, sowie in dem übrigen Deutschland die Kutschen kennen. 
Anfangs mochte sie niemand benutzen, namentlich scheuten sich die 
Frauen, in einer Kutsche eine Reise auszuführen; und da mehrere 
deutsche Fürsten den Gebrauch dieses Wagens beim Reisen wieder 
verboten, so schien es, als sollte die alte langsame und beschwerliche 
Art zu reisen keine Vervollkommnung erfahren. 
Vater August ließ indes die neue Einrichtung nicht aus den 
Augen. Emsig wurden in Dresden Kutschen gebaut und mehrere 
gingen sogar als Geschenk ins Ausland, z. B. an Augusts Schwieger- 
vater, den König Christian III. von Dänemark. Nun fehlte es aber 
an Pferden zum Transport der Reisekutschen. Postmeister, die jetzt 
zur Unterhaltung einer Anzahl Pferde angewiesen sind, gab es noch 
nicht, es wurden nur — wie es heißt — etliche Leute auf dem Lande 
und in den Städten verpflichtet, „Lohnklepper“ zu halten, die als 
Postpferde eintreten mußten. 
Lange Zeit gehörte es fast zu den Unmöglichkeiten, Briefe auf 
leichte Weise von einem entfernten Orte zum andern zu befördern. 
Wer keinen eigenen Boten als Briefträger aussenden konnte, wandte 
sich meistentheils an reisende Kaufleute, welche aus Gefälligkeit Briefe 
in entferntere Ortschaften mitnahmen. Endlich trat auch hierin eine 
kleine Erleichterung ein. Unter Vater August wurde ein „reitender 
Bote“ angestellt, welcher die Weiterbeförderung der Briefe mit zu 
besorgen hatte. Bis gegen das Jahr 1600 blieb das Postwesen in 
Sachsen in diesem unvollkommenen Zustande. Leipzig, schon damals 
eine berühmte Meßstadt, setzte den vom Vater August in Vervoll- 
kommnung der Verkehrsmittel gemachten Anfang fort. Es wurde ein 
„Botenstübchen“ eingerichtet, wo zu bestimmten Zeiten Briefboten aus 
den entferntesten Städten eintrafen, um Briefe zu überbringen und 
dergleichen wieder mitzunehmen. Nach dem Jahre 1600 wurde es 
mit dem Postwesen weit besser.
	        
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