Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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jetzige Mähren, Böhmen, Schlesien rc. in Besitz. Von diesem Stamme 
löste sich vor ungefähr 1300 Jahren wiederum ein Zweig ab, 
Sorben-Wenden genannt, und ließ sich in den Ländereien an der 
Elbe nieder. Hier gefiel es diesen Fremdlingen außerordentlich, sie 
breiteten sich deshalb nach Abend hin immer weiter aus, gelangten 
bis in die Leipziger und Altenburger Gegend und endlich sogar bis 
an die Saale. Das neue Vaterland der Eingewanderten erhielt den 
Namen Sorabia oder Sorbenland. 
Gegenwärtig zählt unser Vaterland noch 60 000 Wenden, welche 
hauptsächlich mit zu den Bewohnern der Städte Kamenz, Bautzen, 
Löbau und zu den der umliegenden Dörfer gehören. Bis zu dieser 
Stunde unterscheiden sich die Wenden von den Deutschen durch ihre 
Sitten und Gebräuche, durch ihre Sprache und besonders Sonn- 
und Festtags auch durch ihre Kleidung. Den Vorfahren dieses 
Volksstammes verdanken wir auch große Verdienste um den Anbau 
des Landes, um Gründung vieler Städte und Dörfer, vieler Ge- 
werbe 2c. Aus diesem Grunde greift der Wenden Vorgeschichte tief 
in Sachsens Geschichte ein und es sei deshalb aus jener das Wichtigste 
hervorgehoben. 
2. Die geschäftigungen der dorben-Wenden und die Einrichtungen 
in ihrem neuen Vaterlande. 
Jagd. Feld- und Obstbau. Viehzucht. Feste Wohnplätze. Gewerbe. Handel. 
Vor 1000 Jahren sah es in unserm Vaterlande ganz anders 
aus, als jetzt. Gegenwärtig sind nur die Gegenden von Königsbrück, 
Altenberg, Auerbach und Schöneck mit Wald bedeckt, zu der Zeit 
der Sorben-Wenden bildete aber unser ganzes Vaterland fast einen 
einzigen großen und undurchdringlichen Wald, in welchem man Bäume 
fand, wie wir sie uns jetzt nicht vorstellen können. Alte bemooste 
Stämme mit aufgesprungener Rinde, die schon standen, als die Könige 
David und Salomo Cedernholz vom Libanon zum Tempelbau nach 
Jerusalem holen ließen, wurzelten so fest in der Erde, daß kein 
Herbststurm sie umzustürzen vermochte. In diesen Wäldern gab es 
hinlänglichen Raum für wilde Thiere. Da fand man nicht blos 
Hasen, Rehe, Hirsche und wilde Schweine in Menge, sondern gefräßige 
Wölfe durchheulten die buschichten Schluchten, wilde starke Bären 
rieben sich an den knorrigen Baumstämmen und selbst blutdürstige 
Luchse lauerten wie Katzen in dichten Zweigen auf ihren Raub. 
Für die jagdlustigen Sorben-Wenden gab es da Beschäftigung 
in Ueberfluß. Lange Lanzen und Spieße vertraten damals die Stelle 
der Flinten und Büchsen. Bewegungslos standen die Jäger hinter 
dicken Baumstämmen auf der Lauer, und sobald sich ihnen arglos
	        
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