258 Nr. 52. 1916.
Lehnt die Kriegswollbedarf-Aktiengesellschaft den Ankauf der Garne ab, so sind
diese dadurch noch nicht freigegeben, es muß vielmehr daraufhin innerhalb zwei Wochen
nach Empfang des ablehnenden Bescheides die Entscheidung der Kriegs-Rohstoff-Ab-
teilung des Königlich Preußischen Kriegsministeriums, Sektion W. I. unter genauer
Angabe der Mengen und Beifügung von Mustern eingeholt werden. Erst die
Kriegs-Rohstoff-Abteilung bestimmt dann endgültig über die
Verwendung der beschlagnahmten Gegenstände oder gibt sie frei.
Jeder Freigabeantrag an die Kriegs-Rohstoff-Abteilung, bevor die beschlag-
nahmten Garne der Kriegswollbedarf-Aktiengesellschaft zum Kauf angeboten sind, und
diese den Ankauf abgelehnt hat, ist zweck= und wirkungslos, und kann nicht berück-
sichtigt werden.
Erläuterungen zu § 4.
Ausnahmen vom Veräußerungsverbot.
Bei den Web-, Trikot= und Wirkgarnen sind nach der Bekanntmachung Nr. W. I.
761/12. 15. K.R.A. folgende Ausnahmen vom Veräußerungsverbot allgemein vor-
gesehen und brauchen deshalb nicht besonders beantragt zu werden.
Alle Noppen-, Schleifen -(Loop-) Garne und solche Web-, Trikot= und
Wirkgarne (nicht Strickgarne), welche mit einem oder mit mehreren aus pflanzlichen
Fasern (z. B. Baumwolle, Kapok, Kokosfasern) hergestellten Fäden gezwirnt sind, unter-
liegen nicht den Beschränkungen der Bekanntmachung Nr. W. I. 761/12. 16. K. R. A.
(Siehe jedoch die besonderen Vorschriften für baumwollhaltige Garne.) Die durch Zer-
reißen von Noppen= und Schleifengarnen hergestellten neuen Garne sind dagegen
wieder beschlagnahmt.
Von den Strickgarnen sind alle im Haushalt und in Hausgewerbebetrieben
zum Zwecke der eigenen Verarbeitung befindlichen Mengen frei.
Unter Hausgewerbebetrieben sind solche Betriebe zu verstehen, bei denen die
Materialien in geschlossenem Haushalt auf eigene Rechnung zum Ver-
lauf ür den Markt verarbeitet werden. Lohnbetriebe sind mithin nicht Hausgewerbe-
etriebe.
Im übrigen darf jedes Warenhaus 10 v. H. und jedes sonstige offene
Ladengeschäft 30 v. H. seiner Gesamtbestände (d. h. Gewichtsmengen) an Strick-
garnen nach dem Stande vom 31. Dezember 1915 im Kleinverkauf und an Haus-
gewerbebetriebe veräußern. Es besagt dies nicht, daß von jeder Qualität und jedem
Posten 10 bezw. 30 v. H. zum beliebigen Verkauf freigegeben sind, sondern der Eigen-
tümer hat es in seiner Wahl, welche Qualitäten und Posten seines Gesamtbestandes
an Strickgarnen er zum Kleinverkauf bringen will, sofern er nur die vorgeschriebene
Menge von 10 bezw. 30 v. H. seines Gesamtvorrates nicht überschreitet.
Diese Ausnahmen bezüglich der Strickgarne sind an die Bedingungen geknüpft,
daß die ausgenommene Menge auch tatsächlich zum Kleinverkauf und zum Verkauf an
Hausgewerbebetriebe feilgehalten und der Verkaufspreis nicht höher bemessen wird,
als der zuletzt vor dem 31. Dezember 1915 erzielte Verkaufspreis.
Sie gelten ausschließlich für Warenhäuser und sonstige offene Ladengeschäfte,
finden mithin keine Anwendung z. B. auf Grossisten und Händler, bei denen alle Be-
stände an Strickgarnen beschlagnahmt sind.