Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1876. (10)

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§. 106. 
Wer ein Mitglied einer der vorbezeichneten Versammlungen durch Gewalt 
oder durch Bedrohung mit einer strafbaren Handlung verhindert, sich an den Ort 
der Versammlung zu begeben oder zu stimmen, wird mit Zuchthaus bis zu fünf 
Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft bis zu zwei 
Jahren ein. 
§. 107. 
Wer einen Deutschen durch Gewalt oder durch Bedrohung mit einer straf- 
baren Handlung verhindert, in Ausübung seiner staatsbürgerlichen Rechte zu 
wählen oder zu stimmen, wird mit Gefängniß nicht unter sechs Monaten oder 
mit Festungshaft bis zu fünf Jahren bestraft. 
Der Versuch ist strafbar. 
§. 108. 
Wer in einer öffentlichen Angelegenheit mit der Sammlung von Wahl- 
oder Stimm-Zetteln oder Zeichen oder mit der Führung der Beurkundungsver- 
handlung beauftragt, ein umrichtiges Ergebniß der Wahlhandlung vorsätzlich her- 
beiführt oder das Ergebniß verfälscht, wird mit Gefängniß von Einer Woche bis 
zu drei Jahren bestraft. 
Wird die Handlung von Jemand begangen, welcher nicht mit der Samm- 
lung der Zettel oder Zeichen oder einer anderen Verrichtung bei dem Wahlge- 
schäfte beauftragt ist, so tritt Gefängnißstrafe bis zu zwei Jahren ein. 
Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. 
§. 109. 
Wer in einer öffentlichen Angelegenheit eine Wahlstimme kauft oder ver- 
kauft, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft; auch 
kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. 
Sechster Abschnitt. 
Widerstand gegen die Staatsgewalt. 
§. 110. 
Wer öffentlich vor einer Menschenmenge, oder wer durch Verbreitung oder 
öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schriften oder anderen 
Darstellungen zum Ungehorsam gegen Gesetze oder rechtsgültige Verordnungen 
oder gegen die von der Obrigkeit innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen An- 
ordnungen auffordert, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit 
Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. 
§. 111. 
Wer auf die vorbezeichnete Weise zur Begehung einer strafbaren Handlung 
auffordert, ist gleich dem Anstifter zu bestrafen, wenn die Aufforderung die straf- 
bare Handlung oder einen strafbaren Versuch derselben zur Folge gehabt hat.
	        
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