Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

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§. 1707. 
Der Mutter steht nicht die elterliche Gewalt über das uneheliche Kind zu. 
Sie hat das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen; zur Ver- 
tretung des Kindes ist sie nicht berechtigt. Der Vormund des Kindes hat, soweit 
der Mutter die Sorge zusteht, die rechtliche Stellung eines Beistandes. 
§. 1708. 
Der Vater des unehelichen Kindes ist verpflichtet, dem Kinde bis zur Voll- 
endung des sechzehnten Lebensjahrs den der Lebensstellung der Mutter entsprechenden 
Unterhalt zu gewähren. Der Unterhalt umfaßt den gesammten Lebensbedarf sowie 
die Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Berufe. 
Ist das Kind zur Zeit der Vollendung des sechzehnten Lebensjahrs in Folge 
körperlicher oder geistiger Gebrechen außer Stande, sich selbst zu unterhalten, so hat 
ihm der Vater auch über diese Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren; die Vorschrift 
des §. 1603 Abs. 1 findet Anwendung. 
§. 1709. 
Der Vater ist vor der Mutter und den mütterlichen Verwandten des Kindes 
unterhaltspflichtig. 
Soweit die Mutter oder ein unterhaltspflichtiger mütterlicher Verwandter dem 
Kinde den Unterhalt gewährt, geht der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den 
Vater auf die Mutter oder den Verwandten über. Der Uebergang kann nicht zum 
Nachtheile des Kindes geltend gemacht werden. 
§. 1710. 
Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. 
Die Rente ist für drei Monate vorauszuzahlen. Durch eine Vorausleistung 
für eine spätere Zeit wird der Vater nicht befreit. 
Hat das Kind den Beginn des Vierteljahrs erlebt, so gebührt ihm der volle 
auf das Vierteljahr entfallende Betrag. 
§. 1711. 
Der Unterhalt kann auch für die Vergangenheit verlangt werden. 
§. 1712. 
Der Unterhaltsanspruch erlischt nicht mit dem Tode des Vaters; er steht dem 
Kinde auch dann zu, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben ist. 
Der Erbe des Vaters ist berechtigt, das Kind mit dem Betrag abzufinden, 
der dem Kinde als Pflichttheil gebühren würde, wenn es ehelich wäre. Sind 
mehrere uneheliche Kinder vorhanden, so wird die Abfindung so berechnet wie wenn 
sie alle ehelich wären.
	        
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