Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1897. (31)

   
§. 70. 
Das Dienstverhältniß kann von jedem Theile ohne Einhaltung einer Kündigungs- 
frist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt 
Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Theiles ver- 
anlaßt, so ist dieser zum Ersatze des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses ent- 
stehenden Schadens verpflichtet. 
§. 71. 
Als ein wichtiger Grund, der den Handlungsgehülfen zur Kündigung ohne 
Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt, ist es, sofern nicht besondere Umstände 
eine andere Beurtheilung rechtfertigen, namentlich anzusehen: 
 
 
 
 
1.  wenn der Handlungsgehülfe zur Fortsetzung seiner Dienste unfähig wird; 
2.  wenn der Prinzipal den Gehalt oder den gebührenden Unterhalt nicht 
gewährt; 
3.  wenn der Prinzipal den ihm nach §. 62 obliegenden Verpflichtungen nach- 
zukommen verweigert; 
4.  wenn sich der Prinzipal Thätlichkeiten, erhebliche Ehrverletzungen oder 
unsittliche Zumuthungen gegen den Handlungsgehülfen zu Schulden kommen 
läßt oder es verweigert, den Handlungsgehülfen gegen solche Handlungen 
eines anderen Angestellten oder eines Familienangehörigen des Prinzipals 
zu schützen. 
§. 72. 
Als ein wichtiger Grund, der den Prinzipal zur Kündigung ohne Einhaltung 
einer Kündigungsfrist berechtigt, ist es, sofern nicht besondere Umstände eine andere 
Beurtheilung rechtfertigen, namentlich anzusehen: 
 
 
 
1.  wenn der Handlungsgehülfe im Dienste untreu ist oder das Vertrauen 
mißbraucht oder die ihm nach §. 60 obliegende Verpflichtung verletzt; 
2.  wenn er seinen Dienst während einer den Umständen nach erheblichen Zeit 
unbefugt verläßt oder sich beharrlich weigert, seinen Dienstverpflichtungen 
nachzukommen; 
3.  wenn er durch anhaltende Krankheit, durch eine längere Freiheitsstrafe 
oder Abwesenheit oder durch eine die Zeit von acht Wochen übersteigende 
militärische Dienstleistung an der Verrichtung seiner Dienste verhindert wird; 
4.  wenn er sich Thätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungen gegen den 
Prinzipal oder dessen Vertreter zu Schulden kommen läßt. 
Erfolgt die Kündigung, weil der Handlungsgehülfe durch unverschuldetes Un- 
glück längere Jeit an der Verrichtung seiner Dienste verhindert ist, so wird dadurch 
der im §. 63 bezeichnete Anspruch des Gehülfen nicht berührt. 
§. 73. 
Bei der Beendigung des Dienstverhältnisses kann der Handlungsgehülfe ein 
schriftliches Zeugniß über die Art und Dauer der Beschäftigung fordern. Das Zeugniß
	        
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