Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1897. (31)

   
§. 371. 
Der Gläubiger ist kraft des Zurückbehaltungsrechts befugt, sich aus dem zurück- 
behaltenen Gegenstande für seine Forderung zu befriedigen. Steht einem Dritten ein 
Recht an dem Gegenstande zu, gegen welches das Zurückbehaltungsrecht nach §. 369 
Abs. 2 geltend gemacht werden kann, so hat der Gläubiger in Ansehung der Be- 
friedigung aus dem Gegenstande den Vorrang. 
Die Befriedigung erfolgt nach den für das Pfandrecht geltenden Vorschriften 
des Bürgerlichen Gesetzbuchs. An die Stelle der im §. 1234 des Bürgerlichen Gesetz- 
buchs bestimmten Frist von einem Monate tritt eine solche von einer Woche. 
Sofern die Befriedigung nicht im Wege der Zwangsvollstreckung stattfindet, ist 
sie erst zulässig, nachdem der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel für sein Recht auf 
Befriedigung gegen den Eigenthümer oder, wenn der Gegenstand ihm selbst gehört, 
gegen den Schuldner erlangt hat; in dem letzteren Falle finden die den Eigenthümer 
betreffenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Befriedigung auf den 
Schuldner entsprechende Anwendung. In Ermangelung des vollstreckbaren Titels ist 
der Verkauf des Gegenstandes nicht rechtmäßig. 
Die Klage auf Gestattung der Befriedigung kann bei dem Gericht, in dessen 
Bezirke der Gläubiger seinen allgemeinen Gerichtsstand oder den Gerichtsstand der 
Niederlassung hat, erhoben werden. 
§. 372. 
In Ansehung der Befriedigung aus dem zurückbehaltenen Gegenstande gilt zu 
Gunsten des Gläubigers der Schuldner, sofern er bei dem Besitzerwerbe des Gläubigers 
der Eigenthümer des Gegenstandes war, auch weiter als Eigenthümer, sofern nicht 
der Gläubiger weiß, daß der Schuldner nicht mehr Eigenthümer ist. 
Erwirbt ein Dritter nach dem Besitzerwerbe des Gläubigers von dem Schuldner 
das Eigenthum, so muß er ein rechtskräftiges Urtheil, das in einem zwischen dem 
Gläubiger und dem Schuldner wegen Gestattung der Befriedigung geführten Rechtsstreit 
ergangen ist, gegen sich gelten lassen, sofern nicht der Gläubiger bei dem Eintritte 
der Rechtshängigkeit gewußt hat, daß der Schuldner nicht mehr Eigenthümer war. 
Zweiter Abschnitt. 
Handelskauf. 
§. 373. 
Ist der Käufer mit der Annahme der Waare im Verzuge, so kann der Ver- 
käufer die Waare auf Gefahr und Kosten des Käufers in einem öffentlichen Lager- 
haus oder sonst in sicherer Weise hinterlegen. 
Er ist ferner befugt, nach vorgängiger Androhung die Waare öffentlich ver- 
steigern zu lassen; er kann, wenn die Waare einen Börsen- oder Marktpreis hat,
	        
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