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Ausländer haben auf das Armenrecht nur insoweit Anspruch, als die Gegen-
seitigkeit verbürgt ist.
§. 115.
Durch die Bewilligung des Armenrechts erlangt die Partei:
1 die einstweilige Befreiung von der Berichtigung der rückständigen und
künftig erwachsenden Gerichtskosten, einschließlich der Gebühren der Beamten,
der den Zeugen und den Sachverständigen zu gewährenden Vergütung und
der sonstigen baaren Auslagen, sowie der Stempelsteuer;
2. die Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten;
3. das Recht, daß ihr zur vorläufig unentgeltlichen Bewirkung von Zu-
stellungen und von Vollstreckungshandlungen ein Gerichtsvollzieher und,
insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, zur vorläufig unentgelt-
lichen Wahrnehmung ihrer Rechte ein Rechtsanwalt beigeordnet werde.
§. 116
Insoweit nicht eine Vertretung durch Anwälte geboten oder ein Anwalt gemäß
§. 34 der Rechtsanwaltsordnung beigeordnet ist, kann einer armen Partei, welche
nicht im Bezirke des Prozeßgerichts wohnt, zur unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer
Rechte in der mündlichen Verhandlung ein Justizbeamter, der nicht als Richter an-
gestellt ist, oder ein Rechtskundiger, der die vorgeschriebene erste Prüfung für den
Justizdienst bestanden hat, auf Antrag beigeordnet werden. Die in Folge dessen
erwachsenden baaren Auslagen werden von der Staatskasse bestritten und als Gerichts-
kosten in Ansatz gebracht.
§. 117.
Die Bewilligung des Armenrechts hat auf die Verpflichtung zur Erstattung
der dem Gegner erwachsenden Kosten keinen Einfluß.
§. 118.
Das Gesuch um Bewilligung des Armenrechts ist bei dem Prozeßgericht an-
zubringen; es kann vor dem Gerichtsschreiber zu Protokoll erklärt werden.
Dem Gesuch ist ein von der obrigkeitlichen Behörde der Partei ausgestelltes
Zeugniß beizufügen, in welchem unter Angabe des Standes oder Gewerbes, der
Vermögens= und Familienverhältnisse der Partei sowie des Betrags der von dieser
zu entrichtenden direkten Staatssteuern das Unvermögen zur Bestreitung der Prozeß-
kosten ausdrücklich bezeugt wird. Für Personen, welche unter Vormundschaft oder
Kuratel stehen, kann das Zeugniß auch von der vormundschaftlichen Behörde aus-
gestellt werden.
In dem Gesuche ist das Streitverhältniß unter Angabe der Beweismittel
darzulegen.
§. 119.
Die Bewilligung des Armenrechts erfolgt für jede Instanz besonders. für die
erste Instanz einschließlich der Zwangsvollstreckung.