Neue Mediatisirungen. 233
der an dem Reichsdeputationshauptschlusse haftete, verschwand neben der
entsetzlichen Roheit dieser neuen Gewaltthat; denn nicht durch das Reich
selber und nicht unter dem Vorwande der Entschädigung, sondern durch
die nackte Willkür einer Handvoll eidbrüchiger Fürsten und unter dem
Schutze des napoleonischen Heeres wurde jetzt die Vernichtung verhängt über
die Lobkowitz und Schwarzenberg, über alle jene österreichischen Standes-
herren, welche so lange den Stamm der keaiserlichen Partei unter den
weltlichen Fürsten gebildet hatten. Mit ihnen fielen auch die alten ruhm-
vollen Geschlechter der Fürstenberg und Hohenlohe, die vor wenigen Jahr-
zehnten fast ebenso mächtig gewesen wie ihre glücklichen Nachbarn in
Karlsruhe und Stuttgart; und einer mindestens unter den Mediatisirten
ließ mit Bewußtsein, um der Ehre willen das Verhängniß über sich er-
gehen. Fürst Friedrich Ludwig von Hohenlohe-Oehringen wies alle die
Lockungen, wodurch Napoleon den berühmten preußischen General für den
Rheinbund zu gewinnen suchte, stolz zurück; er wollte die Treue nicht
brechen, die sein Haus seit Jahrhunderten mit den Hohenzollern vereinte,
er verlor seine Landeshoheit, weil er sich muthig auf Preußens Seite
stellte. Noch unmittelbarer wurde der Berliner Hof verletzt durch die
Beraubung der Nassau-Oranier; dies Haus, dem die Krone Preußen
auf deutschem Boden eine Entschädigung für den verlorenen niederländischen
Besitz verschafft hatte, sah sich jetzt aus einem Theile seiner deutschen
Lande vertrieben, ohne daß man auch nur eine Anzeige in Berlin für
nöthig hielt. Zufall und Laune entschieden über Bestand und Untergang
der Kleinstaaten; der kleine Graf von der Leyen wurde als souveräner
Fürst in den Rheinbund aufgenommen weil er ein Neffe Dalberg's war.
Und doch waltete eine heilige Nothwendigkeit, den Frevlern unbewußt, auch
über dieser Gewaltthat. Wieder verschwand eine ganze Schaar jener un-
fruchtbaren Staatsbildungen, die sich einst mit den Spolien der alten
deutschen Monarchie bereichert hatten; es ebnete sich der Boden, auf dem
dereinst ein neuer Bau der deutschen Einheit emporsteigen sollte.
Bis tief in den Sommer hinein blieb Napoleon darauf gefaßt, daß
der rechtmäßige Kaiser der Vernichtung des alten Reichs widersprechen
werde; bestimmte doch der Preßburger Friede ausdrücklich, daß die neuen
Könige nicht aufhören sollten dem Deutschen Bunde anzugehören. Aber
Oesterreich war tief erschöpft von dem unglücklichen Kriege; Erzherzog Karl
und der neue Minister des Auswärtigen Graf Philipp Stadion hofften
in Frieden die Kräfte der Monarchie wiederherzustellen. Zudem waren
in jenem Preßburger Vertrage alle Folgen der bairisch-württembergischen
Souveränität bereits gutgeheißen, also mittelbar die kaiserlichen Majestäts-
rechte schon preisgegeben. Wollte und konnte man die Ansprüche des
alten Kaiserthums nicht mit den Waffen behaupten, so erforderte die Würde
des kaiserlichen Hauses, daß man dem werthlosen Titel rechtzeitig, von
freien Stücken entsagte, bevor Napoleon den Verzicht erzwang. So lautete