Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

Schlacht von Möckern. 503 
der That entsprach Karl Johann den Erwartungen des Imperators. Die 
Nordarmee erschien am 16. gar nicht auf dem Schlachtfelde, dergestalt daß 
die Alliirten nur eine geringfügige Ueberzahl, 192,000 gegen 177,000 Mann, 
in das Gefecht führen konnten; eine weite Lücke blieb zwischen den beiden 
Hälften der verbündeten Heere offen, die Kämpfe des ersten Tags zerfielen 
in Wahrheit in zwei selbständige Schlachten, bei Möckern und bei Wachau. 
Blücher dagegen kam nicht auf dem Umwege über Merseburg, son- 
dern gradeswegs von Halle auf der Landstraße am Ostrande der Anen 
heran und zwang Marmont durch sein unerwartetes Erscheinen, bei 
Möckern stehen zu bleiben. Wie lieblich war den tapferen Schlesischen 
das Leben eingegangen die letzten Tage über, als sie jubelnd in Halle 
einzogen, von den Bürgern der endlich befreiten treuen Stadt auf den 
Händen getragen, und dann bei Becherklang und vaterländischen Gesängen, 
nach altem Burschenbrauche die Nacht verbrachten. Dem Rausche der 
jugendlichen Lust folgte die ernste Arbeit, die blutigste des ganzen Krieges, 
denn wieder siel dem Yorbschen Corps die schwerste Aufgabe zu. Als 
York am Morgen des 16. in Schkeuditz unter seinen Fenstern die Husaren 
zum Aufsitzen blasen hörte, da hob er sein Glas und sprach den Kern- 
spruch seines lieben Paul Gerhardt: den Anfang, Mitt' und Ende, Herr 
Gott, zum Besten wende! Wohl mochte er sich einer höheren Hand 
empfehlen, denn unangreifbar wie bei Wartenburg schien wieder die Stel- 
lung des Feindes. Marmont lehnte sich mit seiner linken Flanke bei 
Möckern an den steilen Thalrand der Elster, hatte die Mauern des 
Dorfes zur Vertheidigung eingerichtet, weiter rechts auf den flachen Höhen 
eine Batterie von 80 Geschützen aufgefahren. Gegen diese kleine Festung 
stürmten die Preußen heran auf der sanft ansteigenden baumlosen Ebene; 
sechsmal drangen sie in das Dorf und verloren es wieder; das Gefühl 
der einzigen Größe des Tages beschwingte beiden Theilen die Kraft. Endlich 
führt York selber seine Reiterei zum Angriff gegen die Höhen unter dem 
Rufe: „marsch, marsch, es lebe der König", nach einem wüthenden Häuser- 
kampfe schlägt das Fußvolk den Feind aus dem Dorfe heraus; am Abend 
muß Marmont gegen die Stadt zurückweichen, 53 Kanonen in den Händen 
der Preußen lassen, und an den Wachtfeuern der Sieger ertönt das Lied: 
Nun danket alle Gott, wie in der Winternacht von Leuthen. Aber welch 
ein Anblick am nächsten Morgen, als die Truppen zum Sonntagsgottes- 
dienst zusammentraten. Achtundzwanzig Commandeure und Stabsoffiziere 
lagen todt oder verwundet; von seinen 12,000 Mann Infanterie hatte 
York kaum 9000 mehr, seine Landwehr war im August mit 13,000 Mann 
in's Feld gezogen und zählte jetzt noch 2000. So waren an dieser einen 
Stelle die Verbündeten bis auf eine kleine Stunde an die Thore von 
Leipzig herangelangt. 
Das Ausbleiben der Nordarmee hatte die üble Folge, daß Blücher 
seine Armee nicht schwächen durfte und nicht, wie seine Absicht war, ein
	        
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