Heerwesen. 73
Spanien und Portugal seine rastlos gewaltsame Völkerbeglückung begann.
Am längsten sträubte sich der Stolz der französischen Bourbonen wider
die neue Auffassung der Monarchie; mit spöttischem Lächeln erzählte man
sich zu Versailles, daß am Potsdamer Hofe der Oberkammerherr noch
niemals dem Könige das Hemd gereicht habe. Erst da es zu spät war,
da die Mächte der Revolution schon an die Thore klopften, begann man
etwas zu ahnen von den Pflichten des Königthums. Die Krone der
Bourbonen ist aus dem trüben Dunstkreise höfischer Selbstvergötterung
und Menschenverachtung niemals gänzlich hinausgekommen, darum ging
sie schimpflich zu Grunde. Den Deutschen aber wurde die monarchische
Gesinnung, die unserem Volke im Blute lag und selbst in den Jahr-
hunderten der ständischen Vielherrschaft nicht völlig verloren ging, durch
König Friedrich auf's Neue gekräftigt. In keiner andern Nation der
neuen Geschichte hat das Königthum seine Aufgabe so groß und hoch-
sinnig verstanden; darum blieb das deutsche Volk, selbst als die Zeit der
parlamentarischen Kämpfe kam, das am treuesten monarchisch gesinnte
unter den großen Culturvölkern.
Die Friedensliebe des hohenzollernschen Hauses war auch in seinem
größten Kriegsfürsten lebendig. Friedrich schätzte die Macht, doch nur als
ein Mittel für den Wohlstand und die Gesittung der Völker; daß sie jemals
Selbstzweck sein, daß der Kampf um die Macht als solche schon historischen
Ruhm verleihen sollte, erschien ihm als eine Beleidigung der fürstlichen
Ehre. Darum schrieb er seine leidenschaftliche Streitschrift gegen Macchiavelli.
Darum kam er in seinen Schriften immer wieder auf das abschreckende
Beispiel Karl's XII. von Schweden zurück. Er mochte insgeheim fühlen,
daß in seiner eigenen Brust dämonische Kräfte arbeiteten, die ihn zu ähn-
lichen Verirrungen mißleiten konnten, und ward nicht müde die Hohlheit
des zwecklosen Kriegsruhms zu schildern, ließ im runden Saale zu Sans-
souci die Büste des Schwedenkönigs verächtlich unter den Füßen der Muse
aufstellen. Schon in seinen brausenden Jünglingsjahren war er mit sich
im Reinen über die sittlichen Zwecke der Macht; „dieser Staat muß stark
werden,“ so schrieb er damals, „damit er die schöne Rolle spielen kann den
Frieden zu erhalten allein aus Liebe zur Gerechtigkeit, nicht aus Furcht.
Wenn aber jemals in Preußen Unrecht, Parteilichkeit und Laster über-
hand nähmen, dann wünsche ich dem Hause Brandenburg schleunigen
Untergang. Das sagt Alles.“ Als er nach dem siebenjährigen Kriege sich
stark genug fühlte aus Gerechtigkeit den Frieden zu wahren, da wendete
er seine Sorge mit solchem Eifer der Wiederherstellung des Volkswohl-
standes zu, daß die Armee geradezu geschädigt wurde.
Es ist nicht anders: der Feldherr, der die Fahnen Preußens mit
Lorbeeren überschüttet hatte, binterließ die Armee in schlechterem Zustande
als er sie bei seiner Thronbesteigung vorgefunden, reichte als militärischer
Organisator an seinen rauhen Vater nicht heran. Er bedurfte der fleißigen