164 II. 4. Die Eröffnung des Deutschen Bundestages.
mütigen Anerbietens“ sei am Bundestage leider wenig wahrscheinlich, am
wenigsten, wenn das gefürchtete Osterreich sich dafür ausspräche. In der
Tat erklärten die Bundesgesandten, der Hannoveraner Martens voran,
ihr gerechtes Befremden über die unerhörte Zumutung sobald Goltz sich
im Sommer mit dem Antrage hervorwagte.“)
Noch länger währte der Streit über die Einteilung des Bundes-
heeres. Die „Hauptpunkte“ hatten nur bestimmt, daß die kleinen Kon-
tingente vor jeder Berührung mit den Heeren der drei größten Staaten
gesichert bleiben müßten. Preußen forderte nun, Kurhessen solle, seiner
geographischen Lage gemäß, einem norddeutschen Korps beitreten; der Kur-
fürst dagegen hielt die „verwandtschaftlichen Verhältnisse“ für wichtiger
und wollte mitsamt dem Darmstädter Vetter sich an Württemberg an-
schließen. Die Zänkerei ward völlig unerträglich, seit der neue Vertreter
Osterreichs in der Militärkommission, General Langenau insgeheim das
Feuer schürte; der gewandte Sachse hatte schon in Schwarzenbergs Haupt-
quartier und auf dem Wiener Kongresse seinen Haß gegen Preußen be-
währt und zeigte sich in allen den kleinen Künsten, welche am Bundes-
tage entschieden, dem gelehrten Preußen Wolzogen weitaus überlegen. Im
August ward man endlich noch darüber einig, daß die Bevölkerung den
Maßstab für die provisorische Bundesmatrikel bilden sollte; denn zu einer
definitiven Matrikel ist der Deutsche Bund in einem halben Jahrhundert
niemals gelangt. Aber nun begann wieder das Feilschen der Kleinen:
Hildburghausen berechnete seine Bevölkerung nach einer Zählung vom
Jahre 1807, Gotha und Altenburg wurden überführt, ihre Reiche um
12,000 Seelen zu niedrig geschätzt zu haben — und was des Schmutzes
mehr war.“)
Als der Deutsche Bund sein drittes Jahr begann, war weder die
Kriegsverfassung beschlossen, noch die Karlsbader Konvention über die
Festung Mainz vom Bundestage genehmigt, noch Luxemburg und Landau
dem Bunde überwiesen, noch über die vierte Bundesfestung irgend etwas
vereinbart. Mittlerweile lagen die mit dem Blute der Waterloo-Kämpfer
erkauften französischen Millionen gegen mäßigen Zins bei Rothschild und
bereicherten dies Haus, das zuerst durch die Blutgelder des hessischen Kur-
fürsten seine Größe begründet, dann seit dem Jahre 1813 sich rasch zu
der Stellung einer Weltmacht aufgeschwungen und in wenigen Jahren
mehr denn 1200 Mill. Gulden an Subsidienzahlungen und Anleihen für
die tief verschuldeten Höfe Europas übernommen hatte. Die deutsche Volks-
wirtschaft zog aus den Schätzen der Rothschilds wenig Gewinn; denn die
Firma war nicht deutsch, wie einst die Fugger und die Welser, sondern zeigte
*) Weisung an Krusemark, 20. Mai. Krusemarks Bericht v. 10. Juni. Goltzs
Bericht v. 21. August 1818.
*“) Goltzs Bericht, 28. April 1818.