192 III. 3. Troppau und Laibach.
Stewart durfte nur in vertraulichen Gesprächen seinen Mißmuth äußern,
da sein Bruder in der orientalischen Frage mit dem Wiener Hofe treu
zusammengehen wollte, und das Pariser Cabinet begnügte sich den Grafen
Caraman zu tadeln, weil er nicht mindestens die Veröffentlichung des Rund—
schreibens verhindert habe. Schadenfroh weidete sich der neue Hofkanzler
an der Verlegenheit der constitutionellen Großmächte und meinte, diese
Demüthigung sei ihnen recht heilsam, nachdem sie sich so weit von der
gemeinsamen Sache getrennt hätten.“) Die kleinen deutschen Höfe er—
widerten auf das Laibacher Circular in dem nämlichen Stile, den sie vor—
mals nach Napoleon's Siegen anzuwenden pflegten. König Max Joseph
strahlte vor Freude, als er zu Tegernsee das kostbare Aktenstück in Gegen-
wart des preußischen Gesandten erbrach; die norddeutschen Fürstenhöfe
wetteiferten mit den Senaten der freien Städte in Kundgebungen unter-
thäniger Dankbarkeit, die Souveräne der beiden lippischen Reiche schrieben
sogar persönlich an Bernstorff um ihre Bewunderung zu bekunden. Selbst
der König von Württemberg, der nach den Gefechten von Rieti und
Novara seinen Aerger kaum hatte verbergen können, hielt es jetzt für
gerathen, durch Wintzingerode seinen Dank auszusprechen.“) Schließlich
gab auch noch der Bundestag der allgemeinen Befriedigung des amt-
lichen Deutschlands einen Ausdruck, wie ihn nur die sprachgewaltige
k. k. Bundespräsidialkanzlei ersinnen konnte. Der Präsidialgesandte be-
antragte, „Ihren K. K. Majestäten die Huldigung unseres ehrfurchts-
vollsten Dankes für diese Mittheilung mit der ehrerbietigsten Versicherung
angenehm zu machen, daß wir einhelligst in ihren Inhalten das schönste
Denkmal tief verehren, welches diese erhabensten Souveräne Ihrer
Gerechtigkeits= und Ordnungsliebe zum verbleibenden Troste aller rechtlich
Gesinnten setzen konnten.“ — „Einhelligst“, ohne Debatte wurde der An-
trag angenommen.
Und doch war die Zukunft dieses Bundes der Ostmächte, der so
herrisch über Europa schaltete, bereits ernstlich bedroht. Als der Czar von
Laibach abreiste, sagte er zu General Krusemark: ich wünsche, nie an den
türkischen Ereignissen thätig theilzunehmen; aber, fügte er traurig hinzu,
wird dies möglich sein, da die Pforte so harte Maßregeln ergreift? Und
er wußte was er sprach: denn soeben, während dieser freundschaftlichen
Abschiedsstunden, hatte er eine neue Unheilsbotschaft aus dem Osten
empfangen. Am Osterfeste war der greise Patriarch von Konstantinopel
durch den muhammedanischen Pöbel ermordet und an der Kirchthür auf-
gehenkt, dann von den Juden durch die Straßen geschleift und ins Meer
geworfen worden; zur selben Zeit wurden noch mehrere andere Erz-
bischöfe der orthodoxen Kirche niedergemetzelt und zwanzig Mitglieder der
*) Krusemark's Bericht, 2. Juni 1821.
**) Bericht von Zastrow, 30. Mai Küster, 10. April, 22. Mai; Himly 31. Mai 1821 2c.