Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Die Conferenz und der Bundestag. 13 
Stille schon darüber geeinigt hatte, beantragte Metternich am 4. März, 
man möge aus den hier beschlossenen Sätzen eine Supplementar-Akte zur 
Bundesakte zusammenstellen und diese sodann „unter Bezugnahme auf 
den Art. 10 der Bundesakte“ dem Bundestage zur förmlichen Bekannt— 
machung übersenden. 
Also unter Bezugnahme auf den Art. 10 sollte dieser Artikel auf— 
gehoben und die dem Bundestage gebührende Abfassung der Grundgesetze 
kurzweg einer Ministerconferenz, von welcher die Bundesakte gar nichts 
wußte, übertragen werden! Kühner hatte selbst Metternich die Vorschriften 
des deutschen Bundesrechts noch niemals ausgelegt. Was kümmerte es 
ihn, daß er noch im November versichert hatte, man beabsichtige nur eine 
freundschaftliche Rücksprache zwischen den verbündeten Regierungen? Jetzt 
behauptete er zuversichtlich, dieser Ministerversammlung stehe die höhere, 
dem Bundestage nur eine untergeordnete Gewalt zu. Aber so gewiß 
der österreichische Vorschlag schweren rechtlichen Bedenken unterlag, ein ge— 
schickter diplomatischer Nothbehelf war er doch; er bot das einfachste Mittel 
um aus den weitschweifigen Verhandlungen ein gesichertes Ergebniß zu 
gewinnen und zugleich den Bundestag ganz zur Seite zu drängen. Dies 
letztere Ziel hielt Metternich beständig im Auge, denn das Durcheinander 
der Parteien in der Eschenheimer Gasse beunruhigte ihn schwer. Weder 
Graf Buol noch sein preußischer Genosse vermochte die kleinen Bundes— 
gesandten im Zaume zu halten. Ueber die Abberufung des Grafen Goltz, der 
sich sehnsüchtig aus dem Frankfurter Gezänk hinwegwünschte, ward schon seit 
Langem berathen; aber es fand sich kein Nachfolger, denn Graf Solms- 
Laubach war dem Wiener Hofe verdächtig und den katholischen Fürsten 
Hatzfeldt fand der König für diesen Posten nicht geeignet, da Preußen am 
Bundestage als Führer der protestantischen Höfe auftreten sollte. Die 
ungenügende Vertretung blieb also vorläufig unverändert und Goltz wurde 
nur angewiesen, über Fragen des Bundesrechts den Rath des gelehrten 
Klüber einzuholen.) Der führerlose Bundestag schien schlechthin unberechen- 
bar; gestattete man ihm über die Wiener Vereinbarung nochmals zu be- 
rathen, so war leicht vorherzusehen, daß Wangenheim und seine liberalen 
Freunde, mit oder ohne Erlaubniß ihrer Höfe, die Fahne der Opposition 
aufpflanzen, ihre Reden, durch die öffentlichen Protocolle weithin ins Land 
getragen, die öffentliche Meinung aufstacheln würden. In der Anarchie 
dieses Bundes war Alles möglich, selbst ein Kampf zwischen den Bundes- 
gesandten und ihren vorgesetzten Ministern. Solches Aergerniß ließ sich 
nur vermeiden, wenn man in Wien Alles ins Reine brachte und den 
Bundestag wieder, wie im vorigen Herbst, unter die Macht der vollendeten 
  
*) Bernstorff an Hardenberg, 19. Febr., 3., 17. April; Hardenberg's und Bern- 
storff's Eingaben an den König, 18. Juli, 2. Aug.; Hardenberg an den König, 5. Ang. 
Cab.-Rath Albrecht an Bernstorff, 27. Sept. 1820.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.