Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Neue Pläne gegen den Bundestag. 283 
sie waren mitschuldig an Frankreichs Drohungen und mußten jetzt vor der 
Welt die Verantwortung für den legitimistischen Kreuzzug tragen. Je 
feindseliger England auftritt, schrieb Bernstorff nach Wien, um so fester 
müssen die Ostmächte zusammenhalten, damit Frankreich nicht vereinzelt 
wird.“) Das also war die Frucht der Kriegslust des Czaren, der Partei- 
wuth der Ultras, der verlegenen Nachgiebigkeit Oesterreichs und Preußens: 
England sagte sich los von dem großen Bunde, und in Spanien begann 
ein Krieg, der selbst bei gutem Glück den Beschützern des meineidigen Bour- 
bonen nur endlose Verlegenheiten bereiten konnte. — 
  
Die spanische Frage hatte den Congreß so gänzlich in Anspruch 
genommen, daß Metternich die geplante Besprechung der deutschen An- 
gelegenheiten vertagen mußte. Er verabredete mit Bernstorff, im Januar 
solle eine neue deutsche Ministerconferenz, diesmal nur ein kleiner Kreis 
von Vertrauten, nach Wien berufen werden. Mit ihr wollten sich die 
beiden Großmächte über eine einmüthige Bundespolitik, über etwa nöthige 
neue Bundesgesetze und über die Beseitigung der feindseligen Bundes- 
gesandten verständigen. Diese „Epuration des Bundestags“", wie Metter- 
nich es nannte, war zwischen den beiden Großmächten schon seit dem 
letzten Sommer verabredet, doch hielten sie ihre Absicht noch sorgfältig 
geheim.) Die Spitze der Pläne richtete sich gegen den Stuttgarter Hof 
und seinen rastlosen Bundesgesandten Wangenheim. „Württemberg — 
erklärte Bernstorff, fast mit den nämlichen Worten wie Metternich — 
ist heute als der Hauptbrennpunkt alles revolutionären Treibens in 
Deutschland und der König dieses Landes als ein, der That und Absicht 
nach, entschiedener Feind des Bundes anzusehen.“ Um den Feldzug vor- 
zubereiten nahm Metternich den Rückweg über München und fand dort 
zu Neujahr eine überaus freundschaftliche Aufnahme. Wie freute sich der 
gute Max Joseph „seinen Clemens“ wiederzusehen. Rechberg hielt es 
auch diesmal, wie vor drei Jahren, für sicherer, wenn Baiern auf den 
Wiener Conferenzen durch Zentner vertreten wurde und er selber in 
München blieb; so konnte er dem Bevollmächtigten in Wien seine 
Weisungen ertheilen und zugleich den wankelmüthigen König im Auge 
behalten. Der österreichische Kanzler war damit einverstanden. Völlig 
beruhigt über die Gesinnung des bairischen Hofes kehrte er nach Wien 
zurück und schilderte dort seine Münchener Erfolge so selbstgefällig, daß 
Hatzfeldt in seiner fanatisch übertreibenden Weise heimberichtete: „Metternich's 
Ankunft machte in München einen solchen Eindruck, daß der König, wenn 
  
*7) Bernstorff, Weisung an Hatzfeldt, 1. März 1823. 
**) Hatzfeldt's Bericht, 18. Juli; Weisung an Hatzfeldt, 26. Juli 1822.
	        
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