84 III. 2. Die letzten Reformen Hardenberg's.
über Friedrich Wilhelms unsinnige militärische Verschwendung klagte, wurde
im königlichen Cabinet das knapp bemessene Budget durch neue Strei—
chungen, die zur vollen Hälfte auf die Heeresausgaben fielen, nochmals
um 5 Mill. herabgebracht und der Ausgabeetat gleichzeitig mit dem
Schuldenetat für geschlossen erklärt.
Eine Cabinetsordre vom 17. Januar zeigte dem Staatsministerium
an, daß die Ausgaben für 1820 die Summe von 50,863,150 Thlr. nicht
überschreiten dürften; durch Verminderung der Beamtenschaar an den
Centralstellen hoffte der König noch weitere Ersparnisse zu bewirken. Nach
Abzug von reichlich 10 Mill. für die Staatsschuld betrugen mithin die
Jahresausgaben für die eigentliche Staatsverwaltung 40,, Mill., gegen
26 Mill. im Jahre 1805. Rechnete man aber zu den 51 Mill. die im
Voraus abgezogenen Sporteln und Steuererhebungskosten hinzu, des-
gleichen die Rente für das königliche Haus sowie die Beiträge der Pro-
vinzen und Communen für Staatszwecke, so ergab sich ein Gesammt-
Aufwand von fast 70 Mill., das will sagen: 5 Thlr. 25 Sgr. für den
Kopf der mittlerweile auf 12 Mill. gewachsenen Bevölkerung. Der Druck
war hart; denn wie tief war der Volkswohlstand in diesen fünfzehn Jahren
herabgekommen! Aber wie mächtig hatte sich auch die Thätigkeit des
Staates seitdem erweitert; was that er jetzt allein für die sonst so küm-
merlich behandelten Unterrichtsanstalten! Mit diesen Leistungen verglichen
erschien die Summe der Ausgaben sehr bescheiden und nur bei strengster
Sparsamkeit genügend. Zugleich befahl der König den Etat fortan alle
drei Jahre zu veröffentlichen, damit Jedermann sich selber von der Noth-
wendigkeit der Abgabenlast überzeugen könne. Damit wurde, zur Freude
der Verfassungspartei, wieder eine der wesentlichen Institutionen des con-
stitutionellen Staatsrechts eingeführt. Endlich erhielt das Ministerium
den Auftrag, auf Grund des Etats die Steuergesetz-Entwürfe binnen vier-
zehn Tagen zu begutachten; dann sollte die Schlußberathung im Staats-
rathe stattfinden.
Das Staatsministerium war seit Humboldt's Sturz sehr kleinlaut
geworden und wagte keinen entschiedenen Widerspruch; der einzige grund-
sätzliche Gegner der Steuergesetze, Bülow stand hier wie schon in der
Steuercommission ganz vereinsamt. Dagegen erhob sich im Staatsrathe
eine erbitterte Opposition, die ihre Angriffe nicht blos wider die anfecht-
baren Stellen der Entwürfe richtete, sondern die Nothwendigkeit des ganzen
Reformwerks bezweifelte. Seit nunmehr sieben Jahren wurde die Finanz-
verwaltung ohne einen genauen Etat geführt. Dies in Preußen uner-
hörte Schauspiel hatte manchen wackeren Beamten tief verstimmt, die
unsinnigen Märchen, die im Volke umliefen, bis in die Reihen des Staats-
rathes hinein verbreitet. Zudem fühlte sich die höchste berathende Behörde
der Monarchie in ihrer Amtsehre beleidigt. Sie sollte, nach dem recht-
lich unanfechtbaren Befehle des Königs, lediglich über die Steuergesetze