Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

746 XXII. Das Frankfurter Attentat. 
sich überall die Burschenschaften darauf vorbereiten. Dies taten wir nun in der Weise, 
daß sich aus den Entschiedensten in der Verbindung ein politischer Klub bildete, der 
spezielle Besprechungen hielt zu obigem Zweck. Es kamen auch zu zwei Malen alte Bur— 
schenschafter aus Frankfurt, Körner und K. Bunsen, zu uns, um uns über den Stand 
der Sache Berichte zu bringen. Es seien, hieß es, die Burschenschaften fast aller der Uni— 
versitäten bereit zum Losschlagen. Der Frankfurter Soldateska sei man durch den Haupt— 
mann Jungmichel sicher, ebenso seien einige württembergische Regimenter, speziell in Lud- 
wigsburg gewonnen, und an die Spitze würden die bewährtesten deutschen Volksmänner 
treten. Schließlich wurde uns mitgeteilt, am 3. April sollte der Aufstand geschehen, 
und zwar sollten von den einzelnen Universitäten eine Anzahl Studenten nach Frank- 
furt kommen, um dort den Hauptcoup zu tun, den Bundestag bei voller Sitzung auf- 
zuheben. Der Bundestag hatte sich in letzter Zeit mehr und mehr durch Polizeiukase 
— Folgen des Hambacher Festes —, durch die Bundesbeschlüsse vom Juni 1832, zunächst 
durch Annullierung des badischen Preßgesetzes, verhaßt gemacht. In den letzten Tagen 
des März fuhr ich in einer Retourkutsche nach Frankfurt in Begleitung von drei Heidel- 
berger Studenten, die mir unbekannt und die in die Ferien gingen. Unterwegs wurde 
auch politisiert, wobei einer der Studenten in höchst auffallender Weise als Aristokrat 
und Bundestags-Polizeimann sich gerierte und mit uns andern in Widerspruch geriet. 
Und wirklich wurde er auch nachher Aktuar auf dem Polizeiamt in Frankfurt und hat 
dieser Frankfurter Republikaner, er hieß Stellwag, als er mich später zu Gesicht bekam, 
im Spätjahr 1834, sich meiner erinnert und in gehässigster Weise gegen mich Aussagen 
zu Protokoll gegeben, die mich als Revolutionär belasten sollten. — 
Ich kam zu früh, am 24. oder 25. März nach Frankfurt, da ich etwa bei dortigen 
Verwandten verweilen, oder auch nach Nahern und Kehnel zu den Pfarrers-Onkeln 
gehen konnte, wo man mich zu einem Besuch während der Ferien erwartete. Ich ging aber 
zunächst zu einigen mir dem Namen nach bekannten Verschworenen, und Buchhändler 
Oehler nahm mich mit in eine Versammlung der Frankfurter Revolutionäre, wo ich mich 
alsbald überzeugte, daß die Sache auf gar schwachen Füßen stehe und der Erfolg sehr 
zweifelhaft sei. Namentlich schien mir das Einverständnis mit dem Militär (man hoffte 
sogar auf Abfall der Mainzer) sehr prekär und am gewissesten stellte sich nur die Be- 
teiligung von kurhessischem Landvolk nördlich von Frankfurt heraus, wo unter der 
Tätigkeit eines Advokaten, Neuhoff, eine sehr revolutionäre Stimmung herrschte. Zu- 
nächst ergab sich bei der Besprechung, daß man der Beteiligung der Würzburger und 
Erlanger Burschenschaften nicht sicher sei, und erbot ich mich schließlich selbst dahin zu 
reisen, um zu sehen, wie es dort stehe. Und so ging ich mit der Post am andern Tag 
nach Würzburg, wo ich im Hause des R. v. Wels wohnte. Von den Würzburgern 
wollten einige auf den 3. April nach Frankfurt kommen; sie wollten auch sofort einen 
nach Erlangen schicken mit der Aufforderung der Beteiligung. 
Am 1. April kam ich wieder nach Frankfurt zurück und beim Aussteigen aus dem 
Postwagen liefen mir meine Heidelberger Bekannten, die eben über Rheinbayern an- 
gekommen waren, in die Hände, und wir gingen zusammen um Wohnung zu nehmen in 
den Donnersberg. Wir wurden aufgefordert, am 2. April mittags nach Bockenheim zu 
kommen in ein Gasthaus, wo wir in einem oberen Zimmer allein sein könnten. Dort trafen 
wir Studenten mit einigen Frankfurtern, Dr. Bunsen, Körner usw. und dem Göttinger 
Rauschenplatt zusammen und es wurden die Rollen verteilt. Wir wurden, etliche 
dreißig Studenten, in drei Rotten abgeteilt. Wir Heidelberger sollten unter der Füh- 
rung von Bunsen von der Münze aus, wo wir uns abends zu versammeln hatten, die 
Hauptwache nehmen. Eine zweite Abteilung sollte die Konstabler-Wache stürmen und 
das daneben liegende Zeughaus öffnen, um die zwei Kanonen und Flinten herauszu- 
holen; zu dieser Abteilung wurden einzelne, speziell Bayern, die Artillerieschulen durch- 
gemacht, gewählt, und Patronen für die Geschütze waren gefertigt. Die dritte Rotte 
hatte einige kleinere Posten zu besetzen, speziell auch den Pfarrturm mit den Frank-
	        
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