Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Schön und Dohna. 165 
menschlichen Tage noch von einem Stück Pergament die Rechte meiner 
Krone nehmen. Ich will nicht die Verfassung meines Landes ändern. 
Und alles dies, weil ich nicht darf.“ Darum verlangte er 
Schöns „Hilfe gegen das Streben der Dunkelmänner, Juden und Juden— 
genossen“ und trug ihm auf, das Schreiben den ostpreußischen Freunden 
zu zeigen. 
Er fühlte jedoch insgeheim, daß Schön diesem Befehle kaum nachkom— 
men konnte, ohne sich selbst bloßzustellen, und ließ daher Abschriften seines 
Briefes dem neuen Oberpräsidenten sowie anderen namhaften Männern 
der Provinz zugehen. Als ihm nun Bötticher meldete, daß Schön über 
„den köstlichen königlichen Brief“ beharrlich schwieg'), da geriet er in 
schweren Zorn. Vergeblich hielt ihm Schöns Schüler Flottwell vor: man 
dürfe die Ostpreußen nicht mit dem gewöhnlichen Maßstabe messen, da 
dort die Mehrzahl der einsichtigen und zugleich treu ergebenen Männer 
„durch die Ideen von Kant wie die Erde von den Strahlen der herbst- 
lichen Sonne auf eine wunderbare Weise erleuchtet, erwärmt, ja durch- 
glüht würde.““**) Neue Kundgebungen Jacobys und seiner Königsberger 
Freunde brachten den Unmut des Monarchen zum Ausbruch, und er 
wiederholte, was er zu Schön gesagt, noch nachdrücklicher in einem Briefe 
an General Dohna (24. Febr. 1843)./““) „Ich möchte“, schrieb er hier, 
„wie aus Rolands Horn einen Ruf an die edlen treuen Männer in 
Preußen ergehen lassen, sich um mich wie treue Lehensmänner zu scharen, 
die kleineren Übel über das anwachsende große, jammerschwangere Übel 
zu vergessen und auf meiner Seite den unblutigen geistigen Kampf zu 
kämpfen, der allein, aber gewiß den blutigen Kampf unmöglich macht 
Solch' Unglück ist für Preußen und für Königsberg insbesondere die Existenz 
und das Walten jener schnöden Judenclique mit ihrem schwanzläppischen 
und albernen Kläffer!! Die freche Rotte legt täglich durch Wort, Schrift 
und Bild die Axt an die Wurzel des teutschen Wesens; sie will nicht 
(wie ich) Veredlung und freies Nebeneinanderstellen der Stände, die allein 
ein teutsches Volk bilden; sie will Zusammensudeln aller Stände. Ich 
würde Gott, meinem Volke und mir selbst lügen, gäbe ich je eine Kon- 
stitution, eine Charte und meinem Volke mit ihnen die notwendigen 
Bedingungen zu endlosen Unwahrheiten: erlogene Unfehlbarkeit des Königs, 
unwahre Budgets, Lüge des Angriffs und der Verteidigung, Lüge des 
Lobes und des Tadels, Komödie vor und hinter den Kulissen, wie 
solches zum Schaden und zum Ekel in den konstitutionellen Staaten 
zu sehen ist, wo nur eine Wahrheit waltet: die, daß eine Partei sich 
*7) Böttichers Bericht an den König, 6. Jan. 1843. 
**) Flottwell an König Friedrich Wilhelm, Magdeburg, 24. Dez. 1842. 
***) Die beiden großen Briefe des Königs an Schön und Dohna sind vollständig 
abgedruckt in den „Aufzeichnungen über die Vergangenheit der Familie Dohna“ vom 
Grafen Siegmar Dohna. Tl. 4. Textheft B. Berlin 1885. (Manuskript). 
 
	        
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