282 V. 4. Die Parteiung in der Kirche.
gutem Grunde: daß Reisach vor fünf Jahren, in vertraulicher Zwiesprache
bei der Tabakspfeife, den Kölnischen Erzbischof zum Kampfe gegen die
Krone zuerst ermuntert hatte; und dieser Prälat sollte jetzt vermitteln!
Der Bayer benutzte seinen Aufenthalt in Münster nebenbei, um den jungen,
aus dem preußischen Staatsdienste ausgetretenen Wilhelm v. Ketteler für
den Priesterstand anzuwerben. Bei Droste aber richtete er nichts aus.
Von einem Verzichte wollte der störrische Greis nichts hören; weder der
Kardinalspurpur noch das Leben in Rom hatte für ihn einen Reiz. Den
Uneingeweihten blieb es immer dunkel, ob Reisach eigenmächtig die Ver-
handlungen erschwert hatte oder ob er von Rom her angewiesen war, die
Dinge noch in der Schwebe zu halten.
Immerhin schienen diese geheimen Umtriebe anzudeuten, daß der
römische Stuhl doch nicht ganz unnachgiebig bleiben wollte. Darum wurde
Graf Brühl im Dezember 1840 zum zweiten Male nach Rom gesendet.
Diesmal kam er mit vollen Händen: er konnte dem Vatikan die frohe
Botschaft verkünden: daß der König sich von freien Stücken entschlossen
habe, den Verkehr der Bischöfe mit dem Papste frei zu geben, das königliche
Recht des Plazet einzuschränken und im Kultusministerium eine eigene
katholische Abteilung zu bilden. Da die Staatsgewalt am Rheine wie
in Posen schon nachgegeben hatte und ein zweifaches Staatskirchenrecht
in Preußen unmöglich war, so sollten fortan in der ganzen Monarchie
die gemischten Ehen nach dem berüchtigten päpstlichen Breve und nach
dem Ermessen der Bischöfe behandelt werden.) Friedrich Wilhelm war
sogar bereit, das freiere Wahlrecht, das den Domkapiteln des Westens
nach der Zirkumskriptionsbulle zustand, auch den Bistümern des Ostens
zu gewähren, obgleich die Krone hier bisher die Bischöfe tatsächlich allein
ernannt hatte. Ganz von selbst verstand sich endlich nach den früheren
Erklärungen, daß der Staat die Hermesianer nicht begünstigen wollte.
In allem und jedem also war der König den Wünschen des Vatikans
nicht entgegen-, sondern zuvorgekommen. Und für diese Fülle freiwilliger
Gewährungen verlangte man ein einziges Zugeständnis. „Fest muß nur
das eine bleiben: — so schrieb Eichhorn — keine Rückkehr des Erzbischofs
nach Köln, wenn auch nur auf eine Minute, um ins Tor von Köln zu
sehen 17!#) Brühls erste Reise war der Welt anfangs verborgen geblieben.
Jetzt aber hatte sich das Gerücht überall verbreitet, und alsbald erbot sich
der befreundete Turiner Hof zur Vermittlung; er wußte jedoch — gemäß
den klerikalen Grundsätzen König Karl Alberts — nur vorzuschlagen, daß
Droste auf kurze Zeit zurückkehren und dann sein Amt niederlegen solle.
Die Vermittlung wurde mit Dank abgelehnt. ““) Friedrich Wilhelm war
*) Ladenberg, Promemoria über die gemischten Ehen, 1. Sept. 1840.
**“) Eichhorn an Thile, 12. Jan. 1841.
*“ ) Truchseß-Waldburg, Bericht aus Turin, 12. Okt.; Werthers Bericht an den
König, 25. Okt. 1840.