Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

gesetzgeberischen Arbeit willen sich darein fügen und auf einen 
Fackelzug zu Ehren von Frau Lore Agnes verzichten. Zumal 
es noch nicht ganz heraus ist, ob die Unabhängigen vielleicht 
nur die Unabhängigkeit der Nationalversammlung zur Strecke 
bringen wollen; in Weimar stehen die Maschinengewehre 
mit dem Rücken zum Parlament, in Berlin wünschen manche 
Leute es umgekehrt. 
Es ist erschütternd, mit welcher IZnbrunst die National- 
versammlung aus allen deutschen Gauen andepeschiert wird. 
Ganz wie einst die Paulskirche; und ganz wie damals spreizt 
sich das Wohlbehagen der Abgeordneten bei der Berlesung. 
Wie bei uns immer, so läßt es sich auch hier manch unbe- 
kannter Gernegroß eine Oepesche kosten, um mit einem ba- 
nalen Gruß und seinem Namen in dem stenographischen Be- 
richt verewigt zu werden. Aber es kommen auch Hilferufe 
von bedrängten Volksgenossen, aus Posen, aus Deutsch-- 
böhmen, aus Tirol. Wieder regt sich die alte deutsche Hoffnung 
auf Reden und Maojoritätebeschlüsse, die uns schon einmal 
bitter enttäuscht haben, bie schließlich Blut und Eisen uns half. 
Ein kleines Satorspiel leitet dann zur Tagesordnung über. 
Der Unabhängige Geper verpetzt beim Präsidenten den 
Mehrheitssozialisten Fischer, weil dieser bei der gestrigen 
Schriftführerwahl an einem Stimmzettel etwas abgerissen 
habe. Oie ersten Proben von Lungenkraft der Unabhängigen. 
„Mißbrauch des Amtes! Grobe Ungehörigkeit!“" schreit Haase 
als Chef der Claque. Unter den Schlußrufen des Hauses wird 
die Lappalie begraben. 
Und nun erleben wir die eigentliche Eröffnung des deutschen 
Konklave durch ein halbstündiges, nicht ungeschicktes Kolleg 
des Handelshochschulprofessors Preuß, derzeitigen Staats- 
sekretärs des Znnern. Er hebt mit den Worten Gagerns aus 
der Paulskirche an: „Wir sollen schaffen eine Verfassung!“ 
Dieser Satzbau liegt ihm besonders, dem Herrn Preuß. Zm 
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