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porte nach Mainz beginnen. Am Nachmittag des 29. Juli
nahm der Kronprinz von Vater und Gattin letzten Abschied
am Bahnhof. Erst am 31. Juli im Morgengrauen traf
er in Mainz ein. Von da an wurde marschiert. Am
8. August begegnete der Kronprinz, der sich schon am
2. August mit dem Oberbefehlshaber der II. Armee, zu
der das XII. Armeekorps gehörte, dem Prinzen Friedrich Karl, zu
Alzey gesehen und verständigt hatte, dem König Wilhelm, der
die sächsische 24. Infanteriedivision bei ihrem Weitermarsche an
sich vorüberziehen ließ und voll des Lobes für ihre gute Haltung
war. Am 11. August wurde bei Hablirchen die französische
Grenze überschritten. Dann hörte man von den Tagen von
Weißenburg, Spicheren und Wörth, mit Freude teils und
teils mit Neid; man marschierte vorwärts, ohne des Feindes
ansichtig zu werden, man hörte von fern den Kanonen=
donner von Colombey-Nouilly, man erhielt von dem Kampfe
des 16. Juli bei Pont-à-Mousson nur durch die anlangenden
Züge Verwundeter Kunde. Es war für die in Osterrelch
vorgeschulte Führung des Kronprinzen in diesem Feldzuge
charakteristisch, daß er sich nie auf die vom Hauptquartier
kommenden Befehle ruhig verließ, sondern sofort, wenn
neue Wendungen Anderung in den vielleicht erst kurz vorher
getroffenen Dispositionen nötig machten, sofort auch um neue
Information nachsuchte, die dann regelmäßig den schon von
ihm vorbereiteten Maßregeln entsprachen. Auf diese Weise
wurde den Sachsen, die schon in der sengenden Augustsonne
soviel marschiert waren, am Tage vor St. Privat ein Nacht-
marsch erspart, und, was noch wichtiger ist: sie wären ohne
diese umsichtigen Informationen ihres Führers nicht am
entscheidenden Orte und zur entscheidenden Stunde gegen-
wärtig gewesen. Schon waren die Preußen bei Gravelotte
mit den Franzosen handgemein geworden, damit Moltkes
Plan, den Feind aus allen seinen Stellungen im offenen
Felde von Metz zurückzutreiben und unter die Kanonen der
Festung zu drängen, verwirklicht werden könnte — und noch
immer marschierten die Sachsen. Aber endlich nachmittags
3 Uhr traf man mit der 1. preuß. Gardedivision zusammen
und mit dieser vereint wurde das Dorf St. Marie aux
Chenes genommen, das an der nach Nordwesten zu führenden