Full text: Das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

110 Reichs= und Staatsangehörigkeitsgesetz. § 24. 
Auswanderern den Rückerwerb der St A. zu sichern. Man hat 
das für wünschenswert erachtet und trotz des Widerspruches der 
Regierung die Frist auf 1 Jahr verlängert. Diese Regelung führt 
zu folgenden, wohl oft recht bedenklichen Ergebnissen. 
1. Scheinauswanderer brauchen jetzt nur um die erste Jahres- 
wende des Tages ihrer Entlassung im Auslande zu wohnen. 
Ob damit eine Erschwerung gegenüber dem bisherigen Recht 
eingeführt ist, wird man bezweifeln dürfen. 
. zurückkehrende Auswanderer erwerben kraft Gesetzes das 
verlorene Bürgerrecht, sofern sie nur am ersten Jahrestage 
wieder Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Inlande 
haben. Dieser Gedanke der „tätigen Reue“ — KB. 86 — 
ist ja für sich allein betrachtet sehr schön. Er verliert aber 
erheblich an Wert, wenn man bedenkt, daß abgesehen von 
diesem, an Zufälligkeiten eines Tages gebundenen 
Recht für alle übrigen Fälle die Rückerwerbung des Bürger- 
rechts an Voraussetzungen geknüpft ist, die gerade im Falle 
8 24 oft nicht erfällt sein werden, insbesondere die Un- 
bescholtenheit und die Ernährungsmöglichkeit. 
§ 24 führt also zu einer recht ungleichmäßigen Behandlung ehe- 
maliger Deutscher. Dabei wird man zugeben müssen, daß der 
nach längerem Auslandsaufenthalt Zurückkehrende meistens der 
bessere Auswanderer sein wird, als der nach kurzem erfolglosem 
Versuche im Ausland in die Heimat Flüchtende. Die Vorschrift 24 
wird dazu dienen können, die probeweise Auswanderung zu fördern 
und wird damit eher eine Gefahr für das Deutschtum bilden können 
als eine Stärkung. 
Recht bedenklich ist auch die in der RK. veranlaßte Streichung 
des zweiten Absatzes der V. Darüber Erl. 8. 
Bei den Beratungen im Hause ist § 24 ohne Besprechung an- 
genommen worden. 
2. gilt als nicht erfolgt. An die alte Fassung: „Die Entlassung 
wird unwirksam, wenn . . . nicht . . .“ hatte sich der Streit ge- 
knupft, ob damit eine Resolutiv= oder Suspensivbedingung gegeben 
sei. Zu deutsch: ob die Entlassung endgültig erst mit Ablauf 
der 6 Monate in Kraft trete, oder ob sie sofort wirke, aber durch 
Erfüllung der Bedingung wieder beseitigt werden könne. Herrschend 
war die letzte Ansicht. Cahn Erl. 3 zu 18. Nach der neuen 
Fassung ist jeder Zweifel ausgeschlossen. Die Entlassung tritt 
gemäß § 23 sofort in Kraft, gilt aber als nicht erfolgt, wenn 
nach Jahresfrist der Entlassene im Inland Wohnsitz oder dauernden 
Aufenthalt hat. 
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