110 Reichs= und Staatsangehörigkeitsgesetz. § 24.
Auswanderern den Rückerwerb der St A. zu sichern. Man hat
das für wünschenswert erachtet und trotz des Widerspruches der
Regierung die Frist auf 1 Jahr verlängert. Diese Regelung führt
zu folgenden, wohl oft recht bedenklichen Ergebnissen.
1. Scheinauswanderer brauchen jetzt nur um die erste Jahres-
wende des Tages ihrer Entlassung im Auslande zu wohnen.
Ob damit eine Erschwerung gegenüber dem bisherigen Recht
eingeführt ist, wird man bezweifeln dürfen.
. zurückkehrende Auswanderer erwerben kraft Gesetzes das
verlorene Bürgerrecht, sofern sie nur am ersten Jahrestage
wieder Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Inlande
haben. Dieser Gedanke der „tätigen Reue“ — KB. 86 —
ist ja für sich allein betrachtet sehr schön. Er verliert aber
erheblich an Wert, wenn man bedenkt, daß abgesehen von
diesem, an Zufälligkeiten eines Tages gebundenen
Recht für alle übrigen Fälle die Rückerwerbung des Bürger-
rechts an Voraussetzungen geknüpft ist, die gerade im Falle
8 24 oft nicht erfällt sein werden, insbesondere die Un-
bescholtenheit und die Ernährungsmöglichkeit.
§ 24 führt also zu einer recht ungleichmäßigen Behandlung ehe-
maliger Deutscher. Dabei wird man zugeben müssen, daß der
nach längerem Auslandsaufenthalt Zurückkehrende meistens der
bessere Auswanderer sein wird, als der nach kurzem erfolglosem
Versuche im Ausland in die Heimat Flüchtende. Die Vorschrift 24
wird dazu dienen können, die probeweise Auswanderung zu fördern
und wird damit eher eine Gefahr für das Deutschtum bilden können
als eine Stärkung.
Recht bedenklich ist auch die in der RK. veranlaßte Streichung
des zweiten Absatzes der V. Darüber Erl. 8.
Bei den Beratungen im Hause ist § 24 ohne Besprechung an-
genommen worden.
2. gilt als nicht erfolgt. An die alte Fassung: „Die Entlassung
wird unwirksam, wenn . . . nicht . . .“ hatte sich der Streit ge-
knupft, ob damit eine Resolutiv= oder Suspensivbedingung gegeben
sei. Zu deutsch: ob die Entlassung endgültig erst mit Ablauf
der 6 Monate in Kraft trete, oder ob sie sofort wirke, aber durch
Erfüllung der Bedingung wieder beseitigt werden könne. Herrschend
war die letzte Ansicht. Cahn Erl. 3 zu 18. Nach der neuen
Fassung ist jeder Zweifel ausgeschlossen. Die Entlassung tritt
gemäß § 23 sofort in Kraft, gilt aber als nicht erfolgt, wenn
nach Jahresfrist der Entlassene im Inland Wohnsitz oder dauernden
Aufenthalt hat.
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