Full text: Das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

76 Reichs= und Staatsangehörigkeitsgesetz. § 10. 
gebracht worden ist; Man solle gerade Verkommenen die Lebens- 
bedingungen nicht erschweren, sondern erleichtern. Wenigstens wird 
man für die Bescholtenheit besonderen Nachweis verlangen müssen. 
Die Tatsache eines außerehelichen Geschlechtsverkehrs sollte hier 
üÜberhaupt ausscheiden, vor allem mit Rücksicht auf die Lebens- 
bedingungen der unehelichen Kinder. Dagegen wird gewerbsmäßiger 
Geschlechtsverkehr (Prostitution) die Bescholtenheit begründen, sofern 
die Antragstellerin nicht etwa nachweisen kann, daß sie eine andere 
Lebensführung begonnen habe und fortsetzen werde. 
Gerade für die Auslegung des Begriffs der Unbescholtenheit 
wird man die Entwickelung der Sitten berücksichtigen müssen, und 
zwar hier auch der im Ausland herrschenden Sitten. Die Ent- 
scheidung aus § 10 darf nicht aus dem zuweilen engen Gesichts- 
kreise der Heimat aus gefällt werden, sondern muß dem Wesen 
und den Notwendigkeiten des Weltverkehrs Rechnung tragen. Man 
wird bedenken müssen, daß es weder unsere Aufgabe noch möglich 
ist, uns vom Verkehr mit anderen Völkern und Sitten aus- 
zuschließen, und daß es ein Zeichen für die Stärke eines Volks- 
tums ist, wenn es bei der Wiederaufnahme seiner Frauen deren 
Vorleben keiner besonderen Prüfung unterzieht. Jede Zurück- 
weisung eines früheren Stammesgenossen macht dem Auslande 
gegenüber einen schlechten Eindruck; es ist auch hier nicht zu ver- 
gessen, daß unsere Beziehungen zu fremden Völkern nicht wenig 
davon abhängen, ob sie unserem Verhalten Achtung und Neigung 
entgegenbringen. Eine kleinliche Handhabung des § 10 wird das 
Deutsche Reich im Auslande schwer schädigen können. 
8. St A. der Kinder. Einleitung 32 Erläuterung zu 16. 
9. Anwendung des § 9. Das Einspruchsrecht der Bundes- 
staaten aus § 9 besteht dann, wenn die Frau das Bürgerrecht in 
einem anderen Staate nachsucht, als in ihrem Heimatsstaat. Hat 
die Frau die URA besessen, so scheidet § 9 aus, sofern die Frau 
wieder die Ul. nachsucht. Andernfalls kommt § 9 zur An- 
wendung. 
10. Rechtsmittel gegen Ablehnung. Nach § 40 ist der Rekurs 
gegeben. Er schließt auch Nachprüfung des Verfahrens aus § 9 
in sich. Erl. 8 zu 9 und Erl. zu 40. 
11. Kosten werden gemäß § 38 nicht erhoben. 
12. Uh A. Auszgeschlossen ist die Anwendung von § 10 Satz 2, 
d. h. die Anhörung der Gemeinde des Niederlassungsortes. 
Die Anwendung des ersten Satzes begründet das Einbürgerungs- 
recht für den Fall der Niederlassung in einem Schutzgebiet.
	        
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