Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

wie der Schulkreise die Schulreform für die deutsche Jugend. Die 
Reform ist nicht so geworden, wie ich sie erhofft und hat nicht 
zu dem Ergebnis geführt, welches ich mir gesteckt hatte. Wieviel das, 
was versäumt worden ist, zu unserem Zusammenbruch beigetragen 
hat, wird wohl erst späteren Geschlechtern völlig klar werden. 
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Mein Lieblingsschriftsteller war in sfenen Jahren Ebers) ich habe 
in Kassel seine historischen Romane förmlich verschlungen. Besonders 
„Uarda"“ gesiel mir wie meiner Mutter ungemein. Daß Ebers mo- 
derne Ideen in archaistisches Gewand kleidete, störte mich damals 
natürlich recht wenig. Aus Dickens, den ich ebenfalls sehr gern 
hatte, las Hinzpeter häufig vor, Scott behielt seinen bevorzugten 
Platz unter meiner Lektüre. Einen besonders tiefen Eindruck empfing 
ich, als mein Erzieher mir Gobineaus „Renaissance" in die Hand gab. 
Die herrlichen farbenglühenden Szenen der Dichtung haften noch 
heute fest in meinem Gedächtnis. Ubrigens teilte ich die Begeisterung 
für dieses Werk mit der Kaiserin Augusta und der Großherzogin 
Lusse. In ähnlicher Weise wie die „Renatssance" hat mich einige Jahre 
später Tafnes Schilderung der Französischen Revolution gefesselt. 
Daneben las ich noch eine große Anzahl anderer Bücher, so z. B. 
an historischen Werken die „Charakterbilder aus Geschichte und Sage“" 
von Grube, die an die Stelle des Buches von Kohlrausch traten, 
von dem mein Curriculum vitae oben mit solcher Begeisterung sprach. 
Das Grubesche Buch brachte mir die Themen des Schulunterrichts 
persönlich nahe und veranschaulichte sie weit mehr, als das in trockenen 
Schulbüchern möglich ist, mit der Schilderung der Schlacht bei Pavia, 
die ich hier so schön dargestellt fand, konnte ich nachher beim Ab- 
iturkentenexamen besondere Ehre einlegen. Im übrigen verschlang ich 
alles, was mir in deutscher, französischer oder englischer Sprache an 
Reise-, Geschichts-, Kriegs= und Seegeschichten in die Hände fiel. 
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