der größte in Europa war. Auch die Arbeiterwohnungen haben wir
besucht. Seit jener Zeit datiert das große Interesse, das ich an der
Entwicklung der Kruppschen Firma mein Leben lang genommen habe.
Im Juli 1869 ging die Fahrt wieder an die Nordsee, diesmal
nach Norderney, und zwar mit den Eltern und dem Maler Graf
Harrach, dem persönlichen Freund meiner Eltern, mein Onkel, der
ritterliche Brinz Albrecht-Sohn, späterer Regent von Braunschweig,
war auch da. Damals waren gerade die Max= und Moritz-Ge-
schichten von Wilhelm Busch ins Publikum gedrungen, und alle zi-
tierten bei seder Gelegenheit mehr oder weniger passende Derse.
Besonders Brinz Albrecht war groß darin und infolgedessen bei uns
Kindern sehr angesehen. Ich erinnere mich, daß wir von Norderney
aus einmal einen Ausflug nach Helgoland unternommen haben, wo der
Gouverneur Sir Maxse uns die damals noch englische Insel zeigte.
Am Ende unseres Aufenthaltes in Nordernepy machten wir mit
dem Raddampfer „Roland“ eine stürmische Fahrt nach dem als
Kriegshafen im Juni eingeweihten Wilhelmshaven, wo ich zum ersten-
mal in meinem Leben deutsche Panzerschiffe gesehen habe. Als wir
auf der Reede ankamen, stand ich vorn am Bug des „Roland“ und
sah mit klopfendem Herzen allmählich die riesige himmelhohe Take-
lage und dann den Rumpf des vordersten Schiffes auftauchen, von
dem mir ein Matrose sagte, es sei der „König Wilhelm'". SBald
darauf kamen auch die hinter ihm liegenden Schiffe „Kronprinz"
und Friedrich Karl“ in Sicht. Ze näher wir kamen, desto gewal-
tiger war der Eindruck, den der „König Wilhelm“, damals wohl
das größte Panzerschiff, auf mich machte. Schwer ruhte der gepanzerte
Leib dieses Kolosses, aus dessen Batterie-Bforten eine Reihe von
21 cm-Kanonen drohend blickte, auf dem Wasser. Als wir neben ihm
geankert hatten, bestaunte ich sprachlos dieses gewaltige, uns weit
überragende Schiff. lötzlich ertönten schrille Pfiffe von ihm her-
über, und augenblicks enterten Hunderte von Matrosen die himmelan-
45