Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

Prinz in Cannes von aufregender Furcht vor der Hölle geplagt 
wurde oder noch später mit selbsterdachtem Gebet um die göttliche 
Unterstützung bei seinen Unterrichtsstunden bat.? Es widerstrebt mir, 
zu diesem Thema noch aus Eigenem etwas hinzuzufügen. 
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Sehr viel habe ich in meiner Jugend gelesen, ich habe manche 
Bücher geradezu verschlungen. Ich fing an mit Bechsteins Märchen 
und ging dann allmählich über zu Beckers „Alte Welt“, Robinson 
Crusoe, Kapitän Marrpat, Coopers Lederstrumpf, Jules Verne, 
Walter Scott — besonders dessen „Ivanhoe"“ ist lange Zeit meine 
Lfeblingslektüre gewesen —, und nicht zum letzten Ebers, auch Frep- 
tags „Ahnen" habe ich mit großer Freude gelesen. Fontane und 
Willibald Alexis pflegte Hinzpeter vorzulesen. Unter den griechischer- 
Helden war Achilles, unter den Deutschen Dietrich von Bern mein 
Liebling. Bei letzterem interessierte mich vornehmlich dessen persön- 
liches Berhältnis zu seinen Waffen; spricht er doch sogar mit seinem 
Helm Hildegrimm! Der Begeisterung für die griechischen Epen 
Homers entsprach die für die deutschen NMibelungen, die ich nicht satt 
wurde, immer und immer wieder zu lesen. Was Dramen betrifft, 
so schwärmte ich vor allem für Shakespeares Königsdramen, Schil- 
lers Dramen, besonders seinen „Wallenstein“, dann Kleists „Brinz 
von Homburg“ und „Benthesilea“, ferner Calderons „Leben ein 
Traum“ und Grillparzers „König Ottokar“. 
Auf den langen Bromenaden, die Hinzpeter zu Pferde oder zu 
Fuß mit uns machte, mußte ich die getriebene Lektüre vortragen, 
um so einerseits richtig lesen zu lernen, andererseits mich in freier 
Rede zu üben. Ich halte diese Methode für außerordenklich nutz- 
bringend. 
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In der letzten Zeit meines Berliner Aufenthalts traten dem soste- 
matischen Schulunterricht unter anderm Vorträge naturwisssenschaft- 
5 Aus meinem Leben 65
	        
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