96 Ueber die Verpflichtung restaurirter Regierungen
Ob aber z. B. auch Hannover zur Bezahlung. der von der
westphälischen Regierung gemachten Schulden ebenso verpflichtet
sei, als es zur Anerkennung der geschehenen Veräusserungen
und dadurch begründeten Privateigenthumsrechte — vorausgesetzt,
dass die Veräusserungen nicht constitutionswidrig waren — ohne
Zweifel als verbunden erachtet, werden müsse, diess ist eine
Frage, welche keineswegs mit der Anerkennung des Princips
der staatsrechtlichen Gültigkeit der Handlungen der Zwischen-
herrschaft als bejaht zu betrachten ist. Da es sich nämlich, was
die Staatsschulden betrifft, nicht um ein absolutes, gegen
Jedermann zu schützendes und verfolgbares Recht handelt, wie
diess beim Eigenthum und anderen dinglichen Rechten der Fall
ist, da die Staatsschulden die Natur jeder andern
civilrechtlichen Obligation theilen, welche immer
nur gegen die bestimmte Person des Schuldners oder dessen
Successoren geltend gemacht werden kann, so wird man
auch nur diejenige Regierung zur Bezahlung der von einer vorher
bestandenen öffentlichen Gewalt contrahirten Schulden als recht-
lich verpflichtet betrachten können, welche wirklich als Na ch-
folgerin inderselben Staatsgewalt anzusehen ist. Sollte
also von einem rechtlichen Successionsverhältniss
in Beziehung auf das ephemer bestandene Königreich Westphalen
nicht die Rede sein können, so würden auch die Regierungen,
welche Bestandtheile des Königreichs Westphalen besitzen, —
vorausgesetzt, dass sie nicht eine Verpflichtung besonders über-
nommen haben, juristisch nicht zur Zahlung als verbunden zu
betrachten sein.
Von der Uebernabme einer Verpflichtung, — um
diesen Punkt vorerst zu erledigen — von einem allgemeinen
Versprechen zur Bezahlung der westphälischen Schulden nach
einem bestimmten Maasstabe zu concurriren, kann aber in Betreff
Hannover’s z. B. durchaus keine Rede sein. Es liegt keine
Handlung vor, welche als eine ausdrückliche oder still-
schweigende Willenserklärung betrachtet werden könnte, und
keine Stipulation, welche für die bestehende Regierung als ver-
bindlich zu betrachten wäre. Man kann nicht einmal sagen, dass
die Hannover’sche legitime Regierung, wie die Kurhessische, von