106 Ueber die Verpflichtung restaurirter Regierungen
Art. 30, der nur einen besonderen Fall der Hemmung des Rechts-
wegs betrifft, zur Ausführung zu bringen. Ganz in derselben
Weise hatte sich die Bundesversammlung z. B. auch in Betreff
der Beschwerden Schlesischer Staatsgläubiger gegen Preussen,
wobei der Artikel 9 des Berliner Friedens vom 28. Juli 1752
in Betracht kam, in der 14. Sitzung des Jahres 1819 und 19.
Sitzung von 1828 ausgesprochen.
Alle diese und andere Incompetenzbeschlüsse der deutschen
Bundesversammlung, namentlich auch diejenigen, welche die west-
phälischen Reclamanten betreffen, scheinen nun zwar eine Recht-
fertigung zu finden im Artikel 29 der Wiener Schlussacte, welcher
eine im Wesen des Staatenbundes begründete Einschränkung der
schon in der provisorischen Competenzbestimmung vom 12. Juni
1817 anerkannten Verpflichtung der Bundesversammlung bei Justiz-
verweigerungen aufstellt. Der Artikel 29 setzt nämlich bekannter-
maassen fest, dass die Bundesversamnilung nur solche Beschwerden
annehmen solle, in denen nachgewiesen ist, dass nach der
Verfassung und den bestehenden Gesetzen des frag-
lichen Landes die Rechtspflege geweigert oder gehemnit werde.
Insofern nun hinsichtlich der westphälischen Domainenkäufer landes-
herrliche Verordnungen vorlagen, welche den Rechtsweg ver-
schlossen, oder auf eine bestimmte Frage beschränkten, insofern
z. B. in Preussen durch die Cabinetsordre vom 25. Januar 1823
den Gerichten die Beurtheilung völkerrechtlicher Fragen ( die
Auslegung von Staatsverträgen ) entzogen war; insofern leider
auch ‚der Staatsvertrag vom 29. Juli 1842 im Artikel 2 „die
in den betreffenden Staaten bestehenden Vorschriften, wodurch
in Absicht der Regulirung der Ansprüche, welche dritte Personen
gegen das ehemalige Königreich Westphalen zu haben behaupten,
der Rechtsweg ausgeschlossen sei“ — nach wie vor in Kraft
bestehen liess, während er zugleich im Artikel 5 „Ansprüche,
die erst aus den Handlungen der jetzigen Regierung entstanden
seien“, ganz von dem Gebiete der Auseinandersetzung ausschloss,
— konnte allerdings die Bundesversammlung für ihre Entschei-
dungen einen äusseren Rechtfertigungsgrund finden, indem
sie sich auf die der gerichtlichen Rechtsverfolgung entgegen-