Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht, 49 
Verfügung über die Mittel; dazu fehlen noch mehr die geistigen 
Kräfte. Nur ein Almosen zur Linderung der augenblicklichen 
Noth kann von einer an Gesetze und Instructionen gebundenen 
Behörde dargereicht werden; nur eine auf Befolgung der Gesetze 
und Instructionen gerichtete Thätigkeit kann zur öffentlichen 
Pflicht gemacht und als solche überwacht werden. 
Um eine dauernd wirksame Hilfe zu gewähren, ist vor 
allen Dingen persönliche, dem Armen gewidmete Theilnahme 
erforderlich. Seine Verhältnisse müssen sowohl in Beziehung 
auf die Ursachen der Noth, als rücksichtlich der angemessensten 
Mittel der Hilfe genau untersucht werden; der äusseren frei- 
gebig gewährten Unterstützung muss eine innere Heilung und 
moralische Ueberwachung zur Seite gehen. Eine solche, den 
Armen gewidmete Thätigkeit erfordert eben so viel Wohlwollen 
als Einsicht und Charakterstärke; es gehört dazu ein beträchtlicher 
Aufwand von Zeit, und eine freie, an keinen Schemaltismus ge- 
bundene Verfügung über die vorhandenen Mittel. Zu einer solchen 
Thätigkeit fehlt den Mitgliedern der Armenkommissionen und den 
Bezirksvorstehern, welche ihr Amt meistens nur sehr ungern 
übernehmen, in der Regel ebensowohl der Raum und. die Kraft, 
als der Wille. So ist denn der Erfolg der städlischen Armen- 
pflege im Allgemeinen der, dass die Gemeinden im Ganzen unter 
der Last derselben seufzen und sich über die Gesetze des Staates 
als theils unweise, theils sogar als ungerechte beschweren. Die 
Wohlhabenden werden durch unaufhörliche Anforderungen an 
ihre Mildthätigkeit neben der fühlbaren Belastung durch Steuern 
um so mehr ermüdet und widerwillig gemacht je weniger sie 
befriedigende Erfolge sehen; die Armen endlich, welche die ge- 
selzliche Verpflichtung der Kommune sehr wohl kennen, gewöh- 
nen sich mehr und mehr daran, die Unterstützung als ihr Recht 
in Anspruch zu nehmen. Sonach empfinden sie, statt die em- 
pfangenen Wohlthaten unter allen Umständen mit Dank gegen 
die Geber und Anhänglichkeit an die Staatseinrichtungen zu ver- 
gelten, die vermeinte oder auch wirkliche Unzulänglichkeit der- 
selben als eine unbillige Verkürzung, und messen dieselbe um 
so sicherer der Nachlässigkeit oder Hartherzigkeit der Armen- 
2 %*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.