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§. 36.
In Gouvernementsstädten und Festungen tritt in dem Fall des §. 35. die
Kompetenz des Garnisongerichts ein, wenn der gemeinschaftliche höhere Befehls-
haber nicht zur Besatzung des Orts gehört.
§. 37.
In Straffällen, welche vor die höhere Gerichtsbarkeit gehören, ist die Sache
auch bei eintretendem Garnisonwechsel, oder bei Veränderung der dienstlichen
Stellung des Angeschuldigten, von dem Militairgericht zu beendigen, bei welchem
die Einleitung der förmlichen Untersuchung stattgefunden hat.
§. 38.
Der kommandirende General ist befugt, aus dienstlicher Rücksicht den
Militairgerichten des Korpsverbandes in Straffällen, welche vor das Korpsgericht
gehören, die Untersuchung und die Aburtheilung zu übertragen, wenn besondere
Umstände solches erfordern.
§. 39.
Werden bei Truppentheilen, welche ihre Garnison an einem Orte haben,
wo sich kein Militairgericht befindet, Verbrechen verübt, die schleunige Maaßregeln
erfordern, so ist der daselbst kommandirende Offizier befugt, das Civilgericht des
Orts zu requiriren, alle Ausmittelungen vorzunehmen, die am Orte selbst oder
sonst im Bezirk des Gerichts erfolgen müssen und keinen Aufschub leiden, bis
entweder ein Inquirent von dem kompetenten Militairgericht gesandt, oder der
Verbrecher nach dem Sitz des Militairgerichts gebracht werden kann. In den
Fällen, wo weder das eine noch das andere zulässig ist, kann von Seiten des
kompetenten Militairgerichts auch das Civilgericht zur Führung der Untersuchung
requirirt werden.
§. 40.
Militairbefehlshaber, denen zur Ausübung ihrer gerichtsherrlichen Befug-
nisse ein Auditeur oder untersuchungsführender Offizier nicht zugetheilt ist, haben
die ihnen zustehenden Untersuchungen durch Requisition des nächsten Militair-,
oder, bei beträchtlicher Entfernung desselben, des Civilgerichts führen zu lassen.
§. 41.
Die Obduktion der Leichname von Militair- oder Civilpersonen gehört vor
die Militairgerichte, wenn Verdacht vorhanden ist, daß eine Militairperson an
dem Tode des Entleibten Schuld ist. Die äußere Besichtigung des Leichnams
einer Militairperson, welche durch Selbstmord oder einen Unglücksfall ums Leben
gekommen ist, sowie die Ermittelung der Todesursache und der Veranlassung
zum Selbstmord, gebührt den Militairgerichten. Befindet sich kein Militair-
gericht am Ort, so ist das Civilgericht um Aufnahme der Verhandlungen zu
requiriren.
Die