Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 359. 
Jeder Zeuge ist einzeln und in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen 
zu vernehmen. 
Zeugen, deren Aussagen sich widersprechen, können einander gegenüber 
gestellt werden. 
§. 360. 
Die Vernehmung beginnt damit, daß der Zeuge über Vornamen und 
Zunamen, Alter, Religionsbekenntniß, Stand oder Gewerbe und Wohnort be= 
fragt wird. Erforderlichenfalls sind ihm Fragen über solche Umstände, welche 
seine Glaubwürdigkeit in der vorliegenden Sache betreffen, insbesondere über 
seine Beziehungen zu den Parteien vorzulegen. 
§. 361. 
Der Zeuge ist zu veranlassen, dasjenige, was ihm von dem Gegenstande 
seiner Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhange anzugeben. 
Zur Aufklärung und zur Vervollständigung der Aussage, sowie zur Er= 
forschung des Grundes, auf welchem die Wissenschaft des Zeugen beruht, sind 
nöthigenfalls weitere Fragen zu stellen. 
Der Vorsitzende hat jedem Mitgliede des Gerichts auf Verlangen zu ge= 
statten, Fragen zu stellen. 
§. 362. 
Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu 
lassen, welche sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen 
für dienlich erachten. 
Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten, und hat ihren Anwälten auf 
Verlangen zu gestatten, an den Zeugen unmittelbar Fragen zu richten. 
Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet das Gericht. 
§. 363. 
Das Prozeßgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung 
eines Zeugen anordnen. 
Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die 
Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das 
Prozeßgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage an- 
ordnen. 
 
Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter 
statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter 
Berufung auf den früher geieisteten Eid versichern lassen. 
§. 364. 
Die Partei kann auf einen Zeugen, welchen sie vorgeschlagen hat, ver= 
zichten, der Gegner kann aber verlangen, daß der erschienene Zeuge vernommen 
und, wenn die Vernehmung bereits begonnen hat, daß dieselbe fortgesetzt werde. 
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