Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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sich der Bewachung entzieht. In diesem Falle sind auch die Polizeibehörden zur 
Erlassung des Steckbriefs befugt. 
Der Steckbrief soll, soweit dies möglich, eine Beschreibung des zu Ver= 
haftenden enthalten und die demselben zur Last gelegte strafbare Handlung so= 
wie das Gefängniß bezeichnen, in welches die Ablieferung zu erfolgen hat. 
§. 132. 
Ist Jemand auf Grund eines Haftbefehls oder eines Steckbriefs ergriffen 
worden, und kann er nicht spätestens am Tage nach der Ergreifung vor den 
zuständigen Richter gestellt werden, so ist er auf sein Verlangen sofort dem 
nächsten Amtsrichter vorzuführen. 
Seine Vernehmung ist spätestens am Tage nach der Ergreifung zu be= 
wirken. Weist er bei der Vernehmung nach, daß er nicht die verfolgte Person, 
oder daß die Verfolgung durch die zuständige Behörde wieder aufgehoben sei, 
so hat der Amtsrichter seine Freilassung zu verfügen. 
Z-ehnter Abschnitt. 
Vernehmung des Beschuldigten. 
§. 133. 
Der Beschuldigte ist zur Vernehmung schriftlich zu laden. 
Die Ladung kann unter der Androhung geschehen, daß im Falle des Aus= 
bleibens seine Vorführung erfolgen werde. 
§. 134. 
Die sofortige Vorführung des Beschuldigten kann verfügt werden, wenn 
Gründe vorliegen, welche die Erlassung eines Haftbefehls rechtfertigen würden. 
In dem Vorführungsbefehle ist der Beschuldigte genau zu bezeichnen und 
die ihm zur Last gelegte strafbare Handlung sowie der Grund der Vorführung 
anzugeben. 
§. 135. 
Der Vorgeführte ist sofort von dem Richter zu vernehmen. Ist dies 
nicht ausführbar, so kann er bis zu seiner Vernehmung, jedoch nicht über den 
nächstfolgenden Tag hinaus, festgehalten werden. 
§. 136. 
Bei Beginn der ersten Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, 
welche strafbare Handlung ihm zur Last gelegt wird. Der Beschuldigte ist zu 
befragen, ob er etwas auf die Beschuldigung erwidern wolle. 
Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit zur Beseitigung der 
gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe und zur Geltendmachung der zu seinen 
Gunsten sprechenden Thatsachen geben. 
Bei der ersten Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermit= 
telung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.
	        
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