Reichs-Ges etzblatt.
N 4.
Inhalt: Gerichtsverfassungsgesetz. S. 41. — Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz
S. 77.
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(Nr. 1163.) Gerichtsverfassungsgesetz. Vom 27. Januar 1877.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen x.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
Erster Titel.
Richteramt.
§ 1.
Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige, nur dem Gesetze unter-
worfene Gerichte ausgeübt. § 2
Die Fähigkeit zum Richteramte wird durch die Ablegung zweier Prüfungen
erlangt.
Sder ersten Prüfung muß ein dreijähriges Studium der Rechtswissenschaft
auf einer Universität vorangehen. Von dem dreijährigen Zeitraume sind min-
destens drei Halbjahre dem Studium auf einer deutschen Universität zu widmen.
Zwischen der ersten und zweiten Prüfung muß ein Zeitraum von drei
Jahren liegen, welcher im Dienste bei den Gerichten und bei den Rechts-
anwälten zu verwenden ist, auch zum Theil bei der Staatsanwaltschaft ver-
wendet werden kann.
In den einzelnen Bundesstaaten kann bestimmt werden, daß der für das
Universitätsstudium oder für den Vorbereitungsdienst bezeichnete Zeitraum ver-
längert wird, oder daß ein Theil des letzteren Zeitraums, jedoch höchstens ein
Jahr, im Dienste bei Verwaltungsbehörden zu verwenden ist oder verwendet
werden darf.
Reichs-Gesetzbl. 1877. 7
Ausgegeben zu Berlin den 7. Februar 1877.