Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Einstweilige Verfügungen 
ständiger Durchführung kommt bei verschie- 
denen Verfahren und in verschiedener Weise 
vor. Sie ist entweder eine vorläufige 
(einstweilige), wie die eines Zivilprozesses in 
dem Falle, daß ein Kompetenzkonflikt zwischen 
den Gerichten und den Verwaltungsbehörden 
oder Verwaltungsgerichten entsteht (EG. z. 
3PO. 8 15 Ziff. 1; s. auch KRompetenzkon- 
flikte), und die einer Zwangsversteigerung 
(3VG. vom 24. März 1897 /20. Mai 1898 — 
KEBl. 1898, 713 — §§ 28, 30—33, 72, 75, 
76, 77, 86), oder eine endgültige, wie 
die eines Konkursverfahrens nach §#§ 202 
bis 206 KO. Beim Strafverfahren Rkommt sie 
in beiderlei Art vor. Wenn die im Vorver- 
fahren angestellten Ermittlungen Reinen ge- 
nügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen 
Klage bieten, so verfügt die Staatsanwaltschaft 
die Einstellung des Verfahrens und setzt hiervon 
den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher 
vom Richter vernommen oder ein Haftbefehl 
egen ihn erlassen war (St PO. 8 168 Abf. 2). 
as Gericht kann ferner, nachdem eine Vor- 
untersuchung stattgefunden hat, das Verfahren 
vorläufig einstellen, wenn dem weiteren Ver- 
fahren Abwesenheit des Angeschuldigten oder 
der Umstand entgegensteht, daß derselbe nach 
der Tat in Geisteskrankheit verfallen ist 
(8§ 196, 203), sowie (8 208), wenn das Vorver- 
fahren mehrere derselben Person zur Last ge- 
legte strafbare Handlungen betraf und für die 
Strafzumessung die Feststellung des einen oder 
des andern Straffalls unwesentlich erscheint, 
auf Antrag der Staatsanwaltschaft beschließen, 
daß in Ansehung eines solchen das Verfahren 
vorläufig einzustellen sei. Im ersteren Falle 
ist das Verfahren fortzusetzen, wenn die Hin- 
dernisse gehoben sind, im letzteren kann die 
Aufhebung des Einstellungsbeschlusses binnen 
einer Frist von drei Monaten nach Rechts- 
kraft des Urteils von der Staatsanwaltschaft 
beantragt werden, wenn nicht Verjährung ein- 
getreten ist. Von dieser vorläufigen Ein- 
stellung unterscheidet sich die nach einer Vor- 
öntersuchung außer ihr und der Eröffnung 
des Hauptverfahrens noch mögliche Entschei- 
ung, daß der angeschuldigte außer Verfolgung 
* setzen sei (St PLO. §§ 196 Abf. 1, 202 Abs. 2), 
dadurch, daß sie vorbehaltlich des § 210 (Wie- 
Trausnahme der Klage nur auf Grund neuer 
sonlsachen oder Beweismittel) endgültig ist, 
bald ihre Anfechtbarkeit (§ 209) durch den 
6 auf der Beschwerdefrist oder durch Ver- 
ist riung der eingelegten Beschwerde erloschen 
elie also eine gewisse Rechtskraft ähnlich 
wüir ein Urteil erlangt. Sie ist aber anderer- 
". eweil sie hiernach nur bei unveränderter 
ganch age einer weiteren Verfolgung des An- 
di chuldigten entgegensteht, auch von der durch 
des Htaatsanwaktschaft verfügten Einstellung 
* erfahrens verschieden, nach welcher die 
heburraufnahme der Verfolgung und die Er- 
bleiens der öffentlichen Klage jederzeit zulässig 
zu ern n dem nach der Hauptverhandlung 
Berfaalsenden Urteil ist die Einstellung des 
hrens auszusprechen, wenn bei einer nur 
lung rag zu verfolgenden strafbaren Hand- 
nicht dch ergibt, daß der erforderliche Antrag 
orliegt, oder wenn der Antrag rechtzeitig 
  
411 
— Einwohnermeldeämter. 
urüchgenommen ist (5 259, vgl. auch § 394 
bs. 1) oder wenn im Privatklageverfahren 
das Gericht findet, daß die für festgestellt zu 
erachtenden Tatsachen eine solche strafbare 
Handlung darstellen, auf welche dieses Ver- 
fahren keine Anwendung erleidet (6 429 
Abs. 1). Die Einstellung des Privatklagever- 
fahrens erfolgt regelmäßig auch noch beim 
Tode des Privatklägers (§ 433). Wegen der als 
Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens 
möglichen Einstellung eines Zivilprozesses s. die 
§§ 239—252 ZPO., und eines Verwaltungs- 
streitverfahrens den Beschluß des OWV. in 
v. Brauchitsch, Bd. 1, 20. Aufl. S. 147 Anm. 202, 
sowie wegen der Einstellung des Disziplinar- 
verfahrens diesen Artikel. 
Einstweilige Verfügungen s. Vollstreck- 
barkeit I. 
Einstweiliger Ruhestand s. Versetzung 
(einstweilige) in den Ruhestand. 
Eintragungen in die Höfe= und Land- 
güterrolle s. Anerbenrecht; in das 
Reichs= und das Preußische Staats- 
schuldbuch s. d.; in das Vereinsregister 
s. Eingetragene Vereine und Rechts- 
fähigkeit der Vereine I. 
Eintrittsgelder. Erhebung eines bestimmt 
festgesetzten E. von jedem Teilnehmer einer 
öffentlichen Versammlung fällt nicht unter den 
Begriff einer Kollekte (ogl. &G. vom 14. Dez. 
1891 — KGJ. 12, 243). S. Rollekten und 
wegen der E. bei Innungen Freie Innun- 
en, sowie wegen der E. bei Krankenkassen 
rtskrankenkassen. 
Einwanderer, mittellose in Amerika 
s. Rüchwanderer. 
Einwohnermeldeämter (Meldeämter). 
I. C. sind polizeiliche Dienststellen, welche ins- 
besondere an größeren Orten bestehen und die 
Bestimmung haben, die nach den Vorschriften 
über das Meldewesen (s. d.) betreffs der 
Aufenthalts= und Wohnungsveränderungen 
zu erstattenden Anzeigen entgegenzunehmen 
und zu verarbeiten, vielfach aber neben den 
eigentlichen Meldebehörden eingerichtet sind, 
um die an letztere erstatteten Anzeigen, sowie 
sonstige, auf die persönlichen Verhältnisse der 
Einwohner des betreffenden Ortes von den ver- 
schiedenen Behörden — Staatsanwaltschaften, 
Standesämter, Militärbehörden usw. — ein- 
gehenden Nachrichten zu sammeln, zusammen- 
zustellen und zu verwerten. Die E. stehen, wie 
die Meldebehörden überhaupt, untereinander in 
geschäftlichem Berkehr und sind zu gewissen 
gegenseitigen Mitteilungen verpflichtet (s. hier- 
über Nachrichtenverkehr, polizeilicher). 
Das von den E. gesammelte Material dient in 
erster Linie staatlichen Zwechen und ist von 
gleicher Bedeutung für die Polizei, wie für 
die Kriminalrechtspflege, das Miilitärersatz- 
wesen, die Personenstands= und Staatsange- 
hörigkeitsverhältnisse, Bevölkerungsstatistik 
usw. Daneben wird aber auch das Material 
der E. dem Privatpublikum nutzbar gemacht, 
wobei als Grundsatz gilt (OV. vom 17. Nov. 
1899 —1 1902), daß die Polizeibehörden be- 
fugt sind, die ihnen amtlich bekannt gewor- 
denen Tatsachen auch Privatpersonen mitzu- 
teilen, für die aus der Richtkenntnis dieser
	        
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