Mädchenschulwesen 97
garten obligatorisch sein. Über Ziel und Umfang höhere Mädchenschulen eingerichtet werden, die
der Ausbildung als Kindergärtnerin s. auch die nur die Mittel= oder nur die Oberstufe enthalten.
Vorschriften vom 6. Febr. 1911 (U BBl. 258). In Abgesehen von der Unterstufe dürfen höchstens
den Bestimmungen vom 18. Aug. 1908 wird ferner je 2 Klassen gemeinsam unterrichtet werden.
die Ausbildung von Lehrerinnen an Das Mindestalter beim Eintritt in die Klasse X
höheren Mädchenschulen auf eine neue Grund= beträgt in der Regel 6, beim Eintritt in die
lage gestellt und an Stelle der bisherigen drei= Klasse VII in der Regel 9 Jahre. Die Anzahl
jährigen Ausbildung eine vierjährige dergestalt der Schülerinnen in der Klasse einer höheren
vorgesehen, daß zunächst im Anschluß an die Mädchenschule soll 40 in der Regel nicht über-
höhere Mädchenschule drei wissenschaftliche Fort= steigen. Das gilt auch bei Vereinigung der
bildungsklassen zu einer Abschlußprüfung führen, Klassen und beim Turnunterricht. Ausnahms-
und sodann für die praktisch-methodische Aus= weise können in die Klassen der Unter= und
bildung ein besonderes viertes Jahr folgt, welches Mittelstufe mit Genehmigung der Aussichts-
mit der, auf praktische Lehrproben und dem behörde auch Knaben ausgenommen werden,
pädagogischen und methodischen Stoff des letzten die dann mit dem etwa erforderlichen Neben-
Jahres beschränkte Lehramtsprüfung schließt. unterricht sich für die Aufnahme in die Tertia
Um die Errichtung von Lyzeen zu erleichtern, einer höheren Knabenschule vorbereiten können.
soll diesen selbst die Möglichkeit gewährt werden, Mädchenschulen geringerer Gliederung sind, so-
die Lehrerinnenausbildung zu übernehmen und fern sie nicht nach dem Plan der Mittelschule
neben den Frauenschulklassen die drei wissen= (s. d.) unterrichten, als „gehobene Mädchen-
schaftlichen Fortbildungsklassen eines Lehrerinnen-! schulen“, „Privat-Mädchenschulen“ oder ähn-
seminars, sowie den praktischen Jahreskurfus liche zu bezeichnen.
einzurichten, wie es andererseits als zweckmäßig 2. Das Lyzeum, über dessen Zweckbestim-
bezeichnet wird, die Lyzeen mit den bereits be= mung das Nähere oben II bemerkt ist, umfaßt
stehenden Lehrerinnenseminaren in Verbindung 2 Jahrgänge in den Frauenschulklassen.
zu setzen. Schließlich wird der Lehrgang der- Übernimmt es daneben die Aufgaben eines
jenigen jungen Mädchen, welche die Ausbildung höheren Lehrerinnenseminars, so treten 3 Jahr-
zur Universitätsreife erlangen wollen, gänge im wissenschaftlichen Unterricht wissen-
geregelt. Für diesen Zweck ist die Studien= schaftliche Fortbildungsklassen)
anstalt (an Stelle der früheren Mädchen= und 1 praktisches Jahr hinzu. Am Schlusse
gymnasien) bestimmt. Die Ausbildung in der Ausbildung in den wissenschaftlichen Fort-
derselben soll der Ausbildung an den für die bildungsklassen wird eine, durch Erl. vom 11. Jan.
männliche Jugend bestimmten höheren Lehr- 1911 geregelte Abschlußprüfung (LPrü-
anstalten gleichwertig sein. Als Unterbau fungsordnung vom 11. Jan. 1911 — U Bl. 224)
dient die höhere Möädchenschule, jedoch — abgelegt, welche den Zweck hat, zu ermitteln,
je nachdem die Studienanstalt die Ausbildung 1 ob eine entsprechende Bildungsreife erreicht ist.
der Gymnasien und der Realgymnasien oder Am Schlusse des praktischen Jahres folgt sodann
diejenige der Ocberrealschulen vermitteln die Lehramtsprüfung (Prüfungsord-
soll (s. hierzu Höhere Unterrichts= nung vom 11. Jan. 1911), dazu bestimmt, das-
anstalten) — nur bis einschließlich der jenige Maß von pädagogischer, praktischer und
siebenten, bzw. (bei Oberrealschulvorbereitung) methodischer Ausbildung zu ermitteln, welche
der achten Schulklasse, auf welche sodann für die nach Besuch des praktischen Jahres eines Lyzeums
Studienanstalten mit Latein und Griechisch oder erwartet werden muß. Die Lehramtsprüfung
nur mit Latein (Gymnasial- bzw. Realgymna= hat die Abschlußprüfung zur Voraussetzung. Sie
sialkurse) sechs, für dieienigen mit Oberrealschul= verleiht die Befähigung für das Lehramt an
kursen fünf weitere Schuljahre folgen, so daß mittleren und höheren Mädchenschulen (als
die Gesamtschulzeit 13 Jahre beträgt. Die vor-micht akademisch gebildete Lehre-
behaltenen weiteren Bestimmungen für die Aus= rinnen) und schließt zugleich die Lehrbefähigung
bildung und Prüfung der Oberlehrerinnen an den für Volksschulen ein (vgl. Lehrer= und
höheren Mädchenschulen sind unterm 3. April Lehrerinnenprüfungen Vh). Frauen-
1909 — U 3BBl. 411 — ergangen (s. Lehrer= schulklassen und höhere Lehrerinnenseminare
und Lehrerinnenprüfungen V). können auch selbständig bestehen; ebenso können
1II. Einzelheiten der Reform. die Frauenschulklassen, wie auch die wissenschaft-
Aus den Bestimmungen vom 18. Aug. 1908 slichen Fortbildungsklassen an höhere Mädchen-
sowie den dazu ergangenen Ausführungs= schulen angegliedert werden, die Fortbildungs-
bestimmungen vom 12. Dezember 1908 (U#l. klassen jedoch nur, wenn die höheren Mädchen-
886), ist im einzelnen folgendes hervorzuheben: schulen in getrennten Jahreskursen unterrichten.
1. Höhere Mädchenschulen. Als Wo beides — Frauenschulklassen und wissenschaft-
solche werden diejenigen bezeichnet, welche in liche Fortbildungsklassen — in einem Lyzeum
bezug auf Lehrfächer, Stundenzahl und Lehr= vereinigt ist, können die Schülerinnen der
pläne, sowie Zusammensetzung des Lehrkörpers Frauenschulklassen am Unterricht der wissen-
den allgemeinen Bestimmungen vom 18. Aug. schaftlichen Fortbildungsklassen als Hospi-
1908 entsprechen. Die höhere Mäödchenschule tantinnen teilnehmen, jedoch ist überall die
umfaßt 10 aufsteigende Klassen. Die Klassen Einrichtung gesonderten wissenschaftlichen Unter-
X—VIII (Vorschulklassen) bilden die Unter= richts für die Schülerinnen der Frauenschul-
stufe, die Klassen VII—V die Mittel-, die Klassen klassen, sobald die Zahl der Teilnehmerinnen
IV.—I die Oberstufe. Die Unterstufe braucht, dies gestattet, zu erstreben. Verbindlich für
da sie als Vorschule anzusehen ist, nicht ange= die Schülerinnen der Frauenschulklassen ist
gliedert zu sein, wie es auch gestattet ist, daß die Teilnahme am Unterricht in der Pädagogik
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 2. Aufl. II. 7