Full text: Die Bundesexekution nach der Reichsverfassung.

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Gemäß Art. 17 der Reichsverfassung steht dem Kaiser die Ueber- 
wachung der Ausführung der Reichsgesetze zu. Dieses Ueberwachungs- 
recht des Kaisers umfaßt die Befugnis, durch die zutreffenden Reichs- 
behörden sich unmittelbar über die genaue Befolgung der Reichsgesetze 
Kenntnis zu verschaffen. Mögen dieselben unter seiner Autorität die 
Aufsicht ausüben nur als einen einzelnen Bestandteil umfassender Amts- 
befugnisse, wie insbesondere der Reichskanzler und dessen General-- 
stellvertreter oder möge dies geschehen unter der — eine spezielle Stell- 
vertretung nicht zulassenden — Verantwortlichkeit des Reichskanzlers 
durch besondere Beamte ad hoc. immer kann der Kaiser aber nur 
allgemeine Instruhtionen an die Aufsichtsbeamten erteilen und ist nicht 
ermächtigt kraft der Beaufsichtigung die den Einzelstaaten ein= und 
untergeordneten Behörden und Untertanen unmittelbar mit Dienst- 
anweisungen oder Befehlen zu versehen. Die Ueberwachung begreift 
demnach ein Zweifaches: 
1. dem Rechte des Kaisers von den Einzelstaaten über alles, was 
das rechtliche Interesse des Reiches berührt, Auskunft zu erhalten, 
korrespondiert die Verpflichtung der Einzelstaaten, zu „unbe- 
schränkhter Offenheit“ über alle Tat= und Rechtsbestände, welche 
eine Bedeutung haben für die Beurteilung, ob das Verhalten der 
Einzelstaaten sich im Einklange befindet mit den Vorschriften und 
Absichten der Verfassung und der Reichsgesetze. Aber darüber 
hinaus ist die kompetente Aufsichtsinstanz berechtigt zu eigener 
augenscheinlicher Einsichtsnahme mittels seiner ständigen oder kom- 
missarischen Aufsichtsbeamten.) 
2. An die Offenhaltung der Tat= und Rechtsbestände schließt sich das 
Recht des Kaisers auf Beanstandung. Diese ist der einseitige 
Ausspruch, daß eine Anordnung oder Einrichtung sich mit den 
berechtigten Anforderungen des Reiches im Widerspruch befinde 
und daß demgemäß der Einzelstaat zur Abhilfe verpflichtet sei. 
Sie verpflichtet zunächst den Einzelstaat zu einer bindenden Er— 
klärung, ob der Einzelstaat die Beanstandung für gerechtfertigt 
und sich zur Abhilfe verpflichtet hält oder ob dies nicht der Fall 
ist. Geht eine Erklärung in diesem letzteren Sinne ein, so ist 
der Kaiser, soweit nicht etwa wie im Art. 63, III für sein direktes 
Einschreiten ein gesetzlicher Titel vorliegt, auch seinerseits ver- 
pflichtet, die Entscheidung über die bestrittene Beanstandung vor 
der zuständigen Instanz herbeizuführen. Diese ist aber, soweit 
nicht eine Delegation an eine andere administrative oder richter- 
liche Behörde zugelassen ist, der Bundesrat. An diesen berichtet 
also der Kaiser über die vorgefundenen Mängel; denn da dem 
Kaiser nach Art. 17 der Verfassung kein Verordnungsrecht neben 
dem Bundesrate mit Ausnahme der Gebiete, welche seiner aus- 
schließlichen eigenen Leitung unterstellt sind, zusteht, so kommt 
1) Hänel S. 311 fg.
	        
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