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Hänel gibt also dem Reiche auf Grund des Art. 19 nur die
Befugnis zu einer mittelbaren Exekution, kommt aber, indem er dem
Reiche das Recht zu gesetzgeberischen Eingriffen zuschreibt, zu dem
Ergebnisse, daß, wenn auch nicht nach dem genannten Artikel, doch
als Ausfluß der allgemeinen Kompetenz des Reiches diesem die Mög-
lichheit einer Oequestration zustehe. Hänel steht mit seiner Annahme
allein und dürfte wohl auch darin fehlgehen. Die Kompetenz des
Reiches gründet sich auf die Reichsverfassung. Eine allgemeine Kom-
petenz des Reiches in dem Sinne, daß es sich, wenn auch immer in
den Grenzen der verfassungsmäßigen Gehorsamspflichten, im Wege der
einfachen Gesetzgebung Vollstrechungsmaßregeln beilegen könnte, die
ihren letzten Ausdruck in der Sequestration finden, kann dem Reiche
keineswegs zugestanden werden. Wenn dem so wäre, wozu hätte es
überhaupt der Exekutionsbestimmung des Art. 19 bedurft? Wenn dem
Reiche das Recht zu gesetzgeberischen Maßregeln zum Vollzuge der
Exekution zustehen sollte, dann wäre eine ausdrückliche Verfassungs-
bestimmung nötig gewesen. Der Umstand, daß dem Reiche die Kom-
petenz-Kompetenz zusteht, steht unserer Behauptung nicht im Wege.
Das Reich wäre allerdings in der Lage, seine Kompetenz dahin zu
erweitern, daß ihm ohne Rüchsicht auf Art. 19 das Recht zustünde,
von sich selbst aus durch Reichsgesetze den Zustand herbeizuführen,
der den Gehorsamspflichten entspricht. Daß aber das Reich seine
Kompetenz zu diesem Zweche erweitern werde, ist nicht zu erwarten.
Wozu sollte es auch zu einer Erweiterung seiner Befugnisse greifen
müssen, wenn ihm schon eine Verfassungsbestimmung die Durchführung
der Exehution ermöglicht?
2. Ueber den Ersatz der dem Reiche durch eine Reichsexehution
erwachsenden Kosten besteht keine Bestimmung; es ergibt sich aber aus
allgemeinen Rechtsregeln, daß dasjenige Bundesglied, gegen welches
die Exehution stattgefunden hat, den Ersatz zu leisten verpflichtet ist.
Ebenso ist anzunehmen, daß, falls die Verschuldung einen Beamten
treffen sollte, der Regreß des betreffenden Staates gegen diesen nicht
ausgeschlossen ist. Aus dem Umstande, daß der Bundesrat kompetenz-
mäßiges Organ für die Beschlußfassung über die Exehkution ist, ist zu
folgern, daß ihm auch die Festsetzung des Betrages der Kosten gebührt.))
10.
Unmöglichkeit der Erekution.
I. In tatsächlicher Hinsicht.
Da der deutsche Kaiser zugleich König von Preußen ist, so ist
trotz eines etwaigen Vorliegens der rechtlichen Voraussetzungen, eine
Exehution gegen das Bundesglied Preußen in das Gebiet des Un-
1) Rönne S. 73.