Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

Erwerb für einen Deutschen durch Aufnahme. 8 7. 41 
2. muß. 
Nach § 2 der kgl. sächsischen Verordnung vom 24. Dez. 1870 (s. GVl. 
für das Königreich Sachsen, 1870 Stück 25 Nr. 150) darf die Aushändigung 
der Aufnahme- und Naturalisationsurkunde nicht eher erfolgen, als bis der 
Aufzunehmende oder zu Naturalisierende den im § 189 der Verfassungs- 
urkunde vorgeschriebenen Eid geleistet hat. Gegen diese Anforderung des 
Landesrechts an die zu Naturalisierenden läßt sich nichts einwenden, aber sofern sie 
gegen aufzunehmende Deutsche in Anwendung kommen soll, erscheint sie mit 
der Bestimmung des § 7 d. G. nicht vereinbar. (Vgl. Leuthold, Das Staatsrecht 
des Königreichs Sachsen in Margquardsen, Handbuch des öffentlichen Rechts, 
Bd. 2 II S. 187, Otto Mayer, Staatsrecht des Königreichs Sachsen, 1909, 
S. 30 Anm. 6). Der § 7 verlangt nämlich von dem Deutschen nur, daß er die 
Aufnahme in einen anderen Bundesstaat nachsucht, und nachweist, daß er sich 
dort niedergelassen habe, und die höhere Verwaltungsbehörde muß diesem 
Gesuche entsprechen, sofern nicht der im §7 aufgeführte Grund der Ablehnung 
vorliegt. (Vgl. auch Anm. 5 zu diesem Paragraphen.) 
Aus den Militärverhältnissen kann ein Grund zur Verweigerung der Auf- 
nahme nicht hergeleitet werden. Es ist jedoch Sache der Polizeibehörde, die Neu- 
anziehenden bezüglich der Erfüllung ihrer militärischen Pflichten zu kontrollieren. 
Gegen die Ablehnung eines Aufnahmegesuches ist der Rekurs gegeben 
(§ 40 d. G.). 
3. einem Deutschen. 
a) Auch demjenigen, der noch nicht so lange an einem Orte wohnhaft ist, 
um daselbst den Unterstützungswohnsitz erworben zu haben. Die Erwerbung der 
Staatsangehörigkeit ist überhaupt von dem Besitze des Unterstützungswohnsitzes 
nicht abhängig gemacht. 
Sowohl Aufnahme als auch Einbürgerung können sofort verliehen, sogar 
auch von Minderjährigen unter den in den §§ 7 u. 8 d. G. gegebenen Voraus- 
setzungen erworben werden. Der Unterstützungswohnsitz dagegen steht dem 
Aufgenommenen oder Naturalisierten nur dann zu, wenn er im Geltungsgebiete 
des Unterstützungswohnsitzgesetzes vom 6. Juni 1870 —) also vorläufig noch mit 
Ausnahme von Bayern (vgl. 84 Anm. 3) — innerhalb eines Ortsarmenverbandes 
nach zurückgelegtem 16. Lebensjahre ein Jahr lang ununterbrochen seinen ge- 
wöhnlichen Aufenthalt gehabt hat (§ 10 d. UW G., Anhang, Anl. Nr. 5). 
Auf diese Weise kann es vorkommen, daß im Geltungsgebiete des Unter- 
stützungswohnsitzgesetzes jemand in der Gemeinde eines Bundesstaates, 
welchem er nicht angehört, den Unterstützungswohnsitz erwirbt und im Falle 
eintretender Hilfsbedürftigkeit aus diesem Staate in seinen eigenen Heimatstaat 
nicht zurückgewiesen werden kann, auch letzterer für die Verpflegungskosten 
seines Staatsangehörigen nicht aufzukommen hat. Ebenso kann auch der Fall 
eintreten, daß ein Deutscher die Aufnahme in einen anderen Bundesstaat 
erworben und die Entlassung aus seiner bisherigen Staatsangehörigkeit erwirkt 
hat, vor Ablauf des Jahres jedoch, welches zum Erwerbe des Unterstützungs- 
wohnsitzes erforderlich ist, öffentlich unterstützt werden muß; es fällt alsdann 
8 7.
	        
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