Erwerb für einen Deutschen durch Aufnahme. 8 7. 43
genannten Broschüre für durchaus geboten erachtet. Der Reichstag ist diesem
Gedanken näher getreten, und das Gesetz beginnt mit den Worten: „Deutscher
ist“. Dies dürfte als die beste Stärkung des Reichsgedankens im deutschen
Volk zu erachten sein.
c) In dem Regierungsentwurf lautete die Fassung dieses Paragraphen
dem Inhalte d. G. vom 1. Juni 1870 entsprechend, und zwar: „Die Aufnahme
wird dem Angehörigen eines Bundesstaats von jedem anderen Bundesstaat
erteilt.“ Die Reichstagskommission hat mit Recht diese Fassung dahin abge-
ändert, daß die Worte „Angehörigen eines Bundesstaates“ durch die Worte
„einem Deutschen“ ersetzt wurden.
4. von jedem Bundesstaat.
Demzufolge kann auch dem unmittelbaren Reichsangehörigen, wenn er
in einem Bundesstaate sich niederläßt, die Aufnahme daselbst nicht versagt,
sie muß ihm sogar gewährt werden, auch wenn nach den §§ 3—5 d. G. über
die Freizügigkeit vom 1. Nov. 1867 ein Grund vorliegen sollte, der für An-
gehörige eines Bundesstaates die Ablehnung des Aufnahmegesuchs rechtfertigen
würde. Der unmittelbare Reichsangehörige kann aus Deutschland nicht aus-
gewiesen werden; ein Rücktransport nach den Schutzgebieten ist auch nicht aus-
führbar, weil ein Gesetz zur Unterstützung der in den Schutzgebieten oder im
Ausland hilfsbedürftig gewordenen Deutschen nicht besteht. Ein solcher un-
mittelbarer Reichsangehöriger besitzt mithin keine Heimat und würde nach den
§§ 28—80 d. UW . oder nach § 6 des Gothaer Vertrages vom 15. Juli 1851
(Bayern; s. § 17 Anm. 1b) von demjenigen Bundesstaate unterstützt und be-
halten werden müssen, in dem er als Heimatloser Wohnsitz genommen hat, und
wenn er in diesem Bundesstaat die Aufnahme nachsucht, so kann sie ihm nicht
verweigert werden.
5. niedergelassen hat.
Die Niederlassung in demjenigen Bundesstaate, in welchem der Deutsche
seine Aufnahme nachsucht, gibt ihm ein Recht auf Gewährung des Gesuches,
es sei denn, daß ihm die Aufnahme aus den Gründen, aus welchen nach §§ 3—5
des Freizügigkeitsgesetzes vom 1. Nov. 1867 die Ausweisung zulässig ist, versagt
werden kann.
Riedel a. a. O. S. 258 folgert daraus, daß die Tatsache der Niederlassung
eine Voraussetzung der Aufnahme bildet und daß Einzelregierungen, auch
wenn sie wollen, auswärts wohnenden Reichsangehörigen anderer Bundes-
staaten die Aufnahme nicht erteilen können, was nach der bayerischen Gesetz-
gebung möglich war.
Die Folgerung Riedels ist nicht gerechtfertigt. In dem 87 d. G. ist nur be-
stimmt, unter welchen Voraussetzungen die Aufnahme eines Reichsangehörigen
in einen anderen Bundesstaat nicht verweigert werden darf; der höheren
Verwaltungsbehörde eines anderen Bundesstaates steht es aber frei, einem
Deutschen die Aufnahme zu gewähren, wenn auch die in dem gedachten Para-
graphen aufgeführten Voraussetzungen bei ihm nicht zutreffen. Würde z. B.
die Niederlassung als unerläßliche Bedingung für die Gewährung der Auf-
87.