Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

Bedenken gegen die Einbürgerung. 8 9. 73 
Abs. 2, 26 Abs. 3 Satz 2, 30, 31, 32 Abs. 3, wo eine Verpflichtung des Bundes- 
staats zur Einbürgerung gegeben ist, kann von einem Befragen der übrigen 
Bundesstaaten nicht die Rede sein. Der Abs. 1 des § 9 kommt also in den vor- 
erwähnten Paragraphen nicht zur Anwendung. Denn wo dem Bundesstaat 
die Pflicht auferlegt wird, die Einbürgerung zu vollziehen, kann es unmöglich 
der Wille des Gesetzes sein, den Bundesstaat zu veranlassen, bei den übrigen 
Bundesstaaten eine Rundfrage zu halten, ob er sich auf dem Wege des Rechts 
und der Gesetzmäßigkeit befinde. Auch betont § 12 d. G., in dem ein Rechts- 
anspruch auf Einbürgerung gegeben wird, ausdrücklich, daß in diesem Falle 
die Anfrage an die Bundesstaaten bestehen bleibt, weil die etwaige Gefährdung 
des Reichs oder eines Bundesstaats verhütet werden soll. Auch hieraus kann 
schon gefolgert werden, daß für die übrigen oben erwähnten Paragraphen der 
§ 9 Abs. 1 nicht in Frage kommen kann. Ich möchte zum Grunde der Nichtbe- 
fragung der übrigen Bundesstaaten in den oben erwähnten Paragraphen noch 
folgendes bemerken: Angenommen, ein Bundesstaat hätte den gesetzlichen 
Bestimmungen gemäß die Pflicht, eine Einbürgerung vorzunehmen, und 
wäre der Meinung, daß auch zu solchen Einbürgerungen das Befragen der 
Bundesstaaten notwendig sei. Bei dieser Befragung hätte nun ein Bundesstaat 
Bedenken geäußert, und der Bundesrat, zur Entscheidung berufen, hätte dieses 
Bedenken geteilt. Die Person, die einen gesetzmäßigen Einbürgerungsanspruch 
zu haben glaubt, ist aber mit dem abschlägigen Bescheid des ersuchten 
Bundesstaats nicht zufrieden, und, da nach § 40 d. G. ein Rekurs zulässig ist, 
so stehen wir vor der Frage, ob eine bundesstaatliche Verwaltungsbehörde über 
die höchste Behörde des Reichs, den Bundesrat, eine letztinstanzliche Entschei- 
dung abgeben kann. Eine solche Folge kann doch von dem Gesetze nicht gewollt 
sein (vgl. auch die Rede des Staatssekretärs Dr. Delbrück im Reichstage, 
3. Lesung, Prot. 5764). Für den Fall des § 12, der zwar einen Einbürgerungs- 
anspruch gibt, aber § 9 für anwendbar erklärt, ist deshalb auch das Rekurs- 
verfahren nicht gegeben (gleicher Meinung Lenel a. a. O.; Meyer § 10 Anm. 15, 
§ 11 Anm. 14; a. M. Weck §9 Anm. 8; vgl. auch Kommer. S. 82). 
Auch in den Fällen der §8 13 u. 15 Abs. 2 Halbsatz 2 wird ein Befragen 
der Bundesstaaten als vom Gesetz erfordert nicht zu erachten sein, da hier dem 
Reichskanzler allein die Entscheidung gegeben ist. 
4. ehemalige Angehörige. 
Ehe ich des näheren auf den Inhalt des zweiten Absatzes eingehe, möchte 
ich vorausschicken, daß es sich sowohl hier wie in §§ 10, 11, 13 um den Wieder- 
erwerb der Staatsangehörigkeit durch ehemalige Deutsche handelt und daß 
über die Bedingungen eines solchen Wiedererwerbs auch in dem Abschnitt 
über den Verlust der Staatsangehörigkeit, und zwar in den §§ 26 Abs. 3, 30, 
31, 32 Abs. 3, 33 Satz 2, gesprochen wird. Anstatt die Bedingungen des Wieder- 
erwerbs auf diese Art auseinanderzureißen, hätte nach meinem Dafürhalten 
das neue Gesetz an Klarheit gewonnen, wenn den beiden Abschnitten über 
den Erwerb und den Verlust der Staats- bzw. Reichsangehörigkeit ein dritter 
Abschnitt angefügt worden wäre, der lediglich den Wiedererwerb zum Inhalt 
gehabt hätte. So wird in § 9 Abs. 2 von ehemaligen Staatsangehörigen, in 
8 9.
	        
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