Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1908. (74)

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a) für die zweite Stufe: Sichere Keuntnis der lateinischen und griechischen Gram— 
matik und Ubung im schriftlichen Gebrauche beider Sprachen bis zur Fertigkeit, 
angemessene Vorlagen grammatisch richtig und, soweit es sich um das Lateinische 
handelt, mit einiger stilistischen Gewandtheit zu übertragen. Die Kandidaten 
müssen im Lateinischen jedenfalls Cäsar, Sallust, erhebliche Partien aus Livius, 
von Cicero die wichtigeren Reden und einige seiner übrigen Schriften, von Virgil 
mindestens die Aeneis, von Ovid die Metamorphosen sowie Elegien von ihm 
oder andern Elegikern; im Griechischen Homer und Herodot, von Kenophon die 
Anabasis und größere Stücke der Memorabilien und der Hellenika, ferner Reden 
des Lysias sowie von Platon wenigstens die Apologie und den Kriton gelesen 
haben. Mit den gelesenen Schriftwerken müssen die Kandidaten so vertraut sein, 
daß sie über ihren Inhalt, Anlage und Charakter Bescheid zu geben und ausge- 
wählte nicht zu schwere Stellen daraus genau zu übersetzen, die stilistischen 
Eigentümlichkeiten hervorzuheben und synonyme Ausdrücke zu unterscheiden ver- 
mögen. Mit der römischen und griechischen Geschichte, einschließlich der Literatur- 
geschichte, mit den Altertümern, der Mythologie und der Metrik müssen die 
Kandidaten so weit bekannt sein, daß sie zur Erklärung der auf der Mittelstufe 
zu lesenden Schulschriftsteller auch nach diesen Seiten hin das Wesentliche beizu- 
bringen und für die Vorbereitung auf den Unterricht gute Hilfsmittel mit Ver- 
ständnis zu benutzen imstande sind. 
°5) Für die erste Stufe ist überdies zu fordern: Umfassendere und zugleich tiefere 
philologische Bildung, welche auf wirklicher Belesenheit in den Quellen und Vertraut- 
heit mit den Schulschriftstellern beruht; Bekanntschaft mit der strengen Methode 
philologischer Kritik und Exegese und einige Ubung in selbständiger Handhabung 
dieser Fertigkeiten; Fähigkeit, die lateinische Sprache im schriftlichen und münd- 
lichen Gebrauche zu handhaben, grammatische Sicherheit in schriftlicher An- 
wendung der griechischen Sprache; Vertrautheit mit der Metrik, soweit sie die 
auf den Gymnasien zu lesenden Dichter angeht, nebst Ubung im angemessenen 
Vortrage der Verse; Kenntnis der allgemeinen Entwickelung der griechischen 
und römischen Literatur, namentlich ihrer Blütezeiten; eine zu wissenschaftlicher 
Fortbildung befähigende Bekanntschaft mit den Hauptperioden der griechischen 
und römischen Geschichte, den Staatseinrichtungen, dem privaten Leben, der 
Religion und Sage, sowie der Philosophie der Griechen und Römer; Vertraut- 
heit mit der Archäologie, soweit sie erforderlich ist, um durch sachkundige Be- 
handlung zweckmäßig ausgewählter Anschauungsmittel den Unterricht wirksam 
zu unterstützen. Auch haben die Kandidaten darzutun, daß sie einen Uberblick 
über den Entwicklungsgang der Philologie gewonnen haben.
	        
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