I. Session
des
Ersten Deutschen Reichstages.
Revifion der Verfassung.
Eröffnungssitzung im Weißen Saale am 21. März 18717).
Se. Majestät der Kaiser und König verlesen folgende Thronrede:
Wenn Ich nach dem glorreichen, aber schweren Kampfe, den Deutsch-
land für seine Unabhängigkeit siegreich geführt hat, zum ersten Male den
Deutschen Reichstag um Mich versammelt sehe, so drängt es Mich vor Allem,
Meinem demüthigen Danke gegen Gott Ausdruck zu geben für die weltge-
schichtlichen Erfolge, mit denen seine Gnade die treue Eintracht der deutschen
Bundesgenossen, den Heldenmuth und die Mannszucht unserer Heere und die
opferfreudige Hingebung des deutschen Volkes gesegnet hat.
Wir haben erreicht, was seit der Zeit unserer Väter für Deutschland
erstrebt wurde: die Einheit und deren organische Gestaltung, die Sicherung
unserer Grenzen, die Unabhängigkeit unserer nationalen Rechtsentwickelung.
Das Bewußtsein seiner Einheit war in dem deutschen Volke, wenn auch
verhüllt, doch stets lebendig; es hat seine Hülle gesprengt in der Begeisterung,
mit welcher die gesammte Nation sich zur Vertheidigung des bedrohten
Vaterlandes erhob und in unvertilgbarer Schrift auf den Schlachtfeldern
Frankreichs ihren Willen verzeichnete, ein einiges Volk zu sein und zu
bleiben.
„ St. B. I. Sessson, 1871, Bd. I., S. 1.