Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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stakaomarkt der Uiederlande im Jahre 1907. 
Das Jahr 1907 kennzeichnete sich durch große 
Unbeständigkeit. Es begann noch unter dem Ein- 
druck der gespannten Marktlage zu Ende des 
Jahres 1906 in ruhiger und abwartender Stim- 
mung, und es wurden daher bei den fast täglich 
schwankenden Preisen alle Verkäufe mit großer 
Vorsicht abgeschlossen. Die Abnehmer fühlten zu 
Beginn des Jahres noch nicht den Druck, der 
später schwer auf ihnen lasten sollte, und man 
versorgte sich mäßig in der Hoffnung auf einen 
möglichen Rückgang des Marktes. Im Hinblick 
auf die Ernteergebnisse und die regelmäßigen Zu- 
fuhren konnten die Käufer, wenigstens zu Anfang 
des Berichtsjahres, sich noch zu ziemlich annehm- 
baren Preisen mit der nötigen Ware, namentlich 
was die Mittelsorten betrifft, versehen. So blieb 
der Markt während der ersten sechs Monate in 
fester Stimmung, bis eine ungeheure Preissteige- 
rung eintrat. Die ausländischen Stapelplätze 
hatten wohl noch Vorräte, doch waren diese zu 
gering, um die durch den hohen Preisstand auf 
das Notwendigste beschränkte Nachfrage mit 
billigeren Angeboten beantworten zu können. In- 
zwischen wurden die Zufuhren der beliebtesten 
Mittelsorten geringer, so daß jeder Preisrückgang 
ausgeschlossen blieb. Dazu kam, daß auch die 
Spekulation eine sehr starke Hausse zuwege brachte, 
deren Ursache unerklärlich war denn wenn auch 
Amerika große Verträge abgeschlossen, Deutschland 
mehr Bestellungen für seinen Verbrauch gemacht 
hatte und Frankreich nach langem Warten endlich 
zum Kauf gezwungen wurde, so war die ein- 
getretene Preissteigerung nicht nur ungewöhnlich, 
sondern sogar unvernünftig zu nennen. Den 
Vorteil hiervon hatten die Importeure, während 
die Fabrikanten bei den von ihnen geforderten 
hohen Preisen ihre Produktion einschränken oder 
auch ihrerseits die Preise erhöhen mußten. Eine 
Anderung dieser ungesunden Verhältnisse trat in- 
folge der amerikanischen Geldkrisis ein, die in 
ihren Nachwirkungen auch nicht ohne Einfluß auf 
den Kakaomarkt blieb. Der November brachte einen 
allgemeinen Preissturz, der einzelne Sorten 
empfindlich traf; so fiel Bahiakakao z. B. in 
kurzer Zeit um 30 bis 40 v. H. Dieser Rück- 
gang war jedoch nicht von langer Dauer, da die 
Vorräte auf den europäischen Stapelplätzen bald 
erschöpft waren, die Nachfrage in England zu- 
nahm und die amerikanischen Zustände sich besser- 
ten. Bahiakakao stieg wieder, und zwar in einer 
Woche um 6 bis 15 Cents, und Accrakakao um 
9 bis 10 Cents für ½ kg. Auch die anderen 
Kakaosorten folgten dieser Steigerung, wenn auch 
in bescheidenerem Umfange, so daß der Zustand 
um diese Zeit mit dem der Monate September 
  
und Oktober viel Ahnlichkeit hatte und wieder zu 
großer Vorsicht mahnte. Kurz darauf trat aber- 
mals ein Preisrückgang ein; Bahiakakao, dessen 
höchster Preis bisher 66/68 Cents gewesen, fiel 
auf etwa 50 Cents, und Accrakakao, der vorher 
60/62 Cents gestanden hatte, ging auf 45 Cents 
zurück. Dieser Rückgang drückte, allerdings in 
geringerem Maße, auch auf die Preise der an- 
deren Sorten. In ruhiger Stimmung schloß das 
Jahr, da jedermann davon überzeugt war, daß 
auf andere Weise eine normale Marktlage nicht 
zurückzugewinnen sei, und daß man vermeiden 
müsse, durch übereilte und gezwungene Käufe 
falsche Preisverhältnisse zu unterstützen. 
Wie immer waren auch diesmal wieder die 
Mittelsorten besonders gesucht; im Berichtsjahre 
trat diese Nachfrage jedoch noch stärker hervor, 
da die besseren Sorten besonders hoch im Preise 
standen. Starke Nachfrage war nach St. Thomé- 
kakao, von dem viel verkauft wurde; der Markt 
dafür in Lissabon blieb jedoch das ganze Jahr 
hindurch äußerst fest. Feiner St. Thomékakao stand 
zu Anfang des Jahres auf etwa 51 Cents und 
stieg bis September auf 70 Cents für ½ kg, 
fiel im November aber auf etwa 52 Cents, um 
sodann in Verbindung mit der Preissteigerung 
für Bahiakakao bis auf 55 Cents hinaufzugehen. 
Infolge des hohen Standes des St. Thomékakaos 
kamen die Samana= und sodann auch die Accra- 
sorten mehr in den Vordergrund; Accrakakao 
wurde wegen geringerer Güte zunächst etwas 
vernachlässigt; der Umsatz in beiden Sorten war 
jedoch nicht unbedeutend. Samangkakao wurde 
lebhaft gekauft, so daß beim Abnehmen der Vor- 
räte die Preise sehr hoch stiegen und fast den 
Stand des St. Thomskakaos erreichten. Gewöhn- 
licher Accrakakao wurde im Berichtsjahre in 
großen Partien abgesetzt; die Beschaffenheit war 
fortlaufend befriedigend, zumal auch die neuen 
Zufuhren von der Goldküste sich sehr verbessert 
hatten. Trinidad= und Grenadakakao spielten 
zugleich mit Arribakakao bezüglich des Preis= 
standes gleichfalls eine große Rolle; die beiden 
ersten Sorten standen im Anfang des Jahres 
etwa 52 bis 55 Cents und erzielten später für 
feine Plantagensorten einen Preis von 72 Cents 
und mehr. Im November felen diese Preise 
wieder auf 58 bis 60 Cents, stiegen im Dezem- 
ber vorübergehend auf 62/63 Cents, um zu Ende 
des Jahres bis auf 57/58 Cents zurückzugehen. 
Der Absatz von Trinidadkakao, der unter normalen 
Verhältnissen stets ziemlich groß ist, war infolge- 
dessen im Berichtsjahre geringer und auch in 
Grenadakakao wurden keine nennenswerten Ver- 
käufe abgeschlossen. Die Venezuelasorten standen 
ebenfalls hoch im Preise, doch nicht in dem Maße, 
daß nicht trotzdem gute Abschlüsse gemacht werden
	        
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