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allen Dingen die Söhne des Mulagussi.!) Auf
sie wird die Begabung für den Beruf des Vaters
vererbt, wenn es auch zur Betätigung desselben
noch eines Anstoßes bedarf. Dieser besteht ge-
wöhnlich in einer göttlichen Traum-Offenbarung
zur Zeit der Pubertät. Ahnlich kann aber auch
Nichtsöhnen, z. B. den Gehilfen des Mulagussi,
ihr Beruf klar werden, wenn sie besonders ge-
eignet oder vielleicht schlau genug find, ihren
Landsleuten die göttliche Inspiration glaubhaft
zu machen. Häufig kommen wohl hysterisch ver-
anlagte Personen in Frage; so erzählte mir ein
Eingeborener, er habe beim Eintritt seiner Mann-
barkeit geträumt, es kämen viele Männer auf ihn
los, welche ihn griffen und schlugen, danach sei
ihm die Dawa#r#) erschienen. Die meisten meiner
Gewährsleute äußerten allerdings keine näheren
Einzelheiten; sie begnügten sich mit der Angabe,
der Muungus) habe ihnen im Traum die Dawa
gezeigt. Stets aber haben die dergestalt zur Be-
handlung der leidenden Menschheit qualifizierten
Anwärter eine lange Gehilfenzeit bei einem zünf-
tigen Mulagussi hinter sich und bringen eine
Menge von Kenntnissen in die Praxis mit. Der
Zulauf richtet sich nach den Fähigkeiten und dem
Rufe des jungen Arztes. Die Besorgung der
Medikamente und Drogen, die Zusammenstellung
der Apotheke ist seine Sache, wie er auch in jedem
Einzelfalle selbst die für seinen Patienten geeignete
Arznei sucht.
Die Betätigung des Arztes ist meist eine all-
seitige; Spezialisten gibt es nur auf dem Gebiete
der Bekämpfung von Impotenz und Sterilität,
für deren Beseitigung eine Menge Heilmittel
vorhanden sind.
In Uhehe herrschen die gleichen Krankheiten,
wie sonst in Deutsch-Ostafrika; häufiger find ent-
zündliche Erkrankungen während der stürmischen,
kalten Jahreszeit, außerdem kommt ein endemischer
Pestherd hinzu.
Als Erreger und Verbreiter fieberhafter Krank-
heiten sind den Wahehe nur die Zecken bekannt.
Die Annahme der Fieberübertragung durch Stech-
mücken habe ich nirgends finden können. Ge-
fürchtet sind wegen ihres Stiches oder Bisses
(außer Schlangen) Skorpione, Spinnen und Hun-
dertfuß. Den in die Haut eingedrungenen Sand-
floh entfernen die Eingeborenen mit zugespitzten
Hölzchen. Als Vorbeugungsmittel gegen Insekten-
stiche wird die Haut mit einer bestimmten Salbe
oder einer Wurzelabkochung eingerieben.
Allgemeine hygienische Maßnahmen gegen
Seuchen waren den Wahehe seit langer Zeit be-
1) Arz t und Zauberer.
# %6 Suaheli-Wort für das Mugoda der Wahehe-
Sbragte * Zauber, Medizin im weitesten Sinne.
kannt. So wurden z. B. Pockenkranke isoliert
und ganze Dörfer abgesperrt, oder bei Ausbruch
einer Epidemie mußten alle Leute, ob gesund oder
krank, eine besondere Schutzmedizin einnehmen.
Die gleichfalls geübte Isolierung der Pestkranken
und ihrer Angehörigen in Strohhütten auf freiem
Felde scheint von Europäern eingeführt zu sein.
Wenn jemand erkrankt, so geht entweder er
selbst oder es geht ein Freund, ein Verwandter
zum Mulagussi, um von diesem ein Heilmittel zu
holen. Häufig wird auch der Kranke von seinen
Angehörigen dorthin getragen. Der Fall, daß
der Arzt den Kranken besucht, scheint nicht vor-
zukommen.
Die Diagnose stellt der Mulagussi nur auf
Grund seiner besseren Erfahrung durch Besichtigung
und Betastung. Technische Hilfsmittel zur Diagnostik
besitzt er nicht. Wichtig ist für ihn auch weniger
die richtige Diagnose, als das richtige Medikament.
Wenn er sich nicht sofort darüber im Klaren ist,
so schwingt er seine hölzerne Handglocke, das
Mtulambungu, 1) und hört aus dessen Tönen die
passende, gute Medizin heraus. Niemals wird
so die Krankheit festgestellt, sondern nur die
Ursache und das Heilmittel
Die Therapie ist in bezug auf chirurgische
Maßnahmen hinter der medikamentösen erheblich
zurückgeblieben, was vielleicht auf den Einfluß
des Sultans Kwawa zurückzuführen ist, welcher
nach Nigmann blutige Eingriffe verboten haben
soll.)
Die Blutstillung erfolgt durch Aufstreuen oder
Einreiben von blutstillenden Medikamenten, meist
heißer Pflanzenasche. In einem Falle von Zer-
reißung der Schenkelschlagader nach Schußverletzung
war allerdings das Bein oberhalb und unterhalb
fest mit Bast verschnürt und so die Blutung ge-
stillt. Kleinere Wunden jeder Art werden sonst
mit Pflanzenasche, zerstampften Blättern oder ge-
kauten Pflanzenteilen bedeckt.
Blutentziehung wird bei vielen Krankheiten
angewandt. Sie geschieht entweder durch zahl-
reiche kleine Impfstiche oder -schnitte oder durch
Schröpfen. Der Schröpfkopf, bestehend aus einem
kleinen Horn mit bis zur Lichtung abgeschnittener
1) Eine Zauberglocke: hölzernes, einer beiderseits
offenen, plattgedrückten Sanduhr ähnliches Instrument,
in welchem mehrere kleine Stäbchen oder Klöppel aus
hartem Holg befestigt sind, die beim Schwingen (durch
ruckweise, rhythmische Bewegungen der Armeh die Glocke
ertönen classen
?!) Das schirurgische Besteck“ des Mulagussi enthält
außer dem Schröpfkopf nur ein kleines mit abgerun-
detem, geschärftem Ende versehenes Impfmesser (Kilem-
bero) und eine Art Pinzette zum Entfernen von Dornen
(Nyasole). Beide Justrumente fertigt der eingeborene
Schmied. Eine H Hühnerfeder und ein Schneckenhaus
mit abgebrochener Spitze (als Trichter) vervollständigen
die Ausrüstung-