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Ostafrika ein Zukunftsland für europäische Be-
siedlung, ähnlich wie Südafrika, gesehen und
darüber die reichen Schätze, die die tropischen
Teile der Kolonie, namentlich die Küste bieten,
ganz übersehen. Nachdem sich die sanguinischen
Hoffnungen, die an die Ackerbau= und Weide-
länder geknüpft waren, nicht oder doch nur in
bescheidenem Maße erfüllt haben, hat man sich
auf die in den tropischen Gebieten schlummernden
Werte besonnen und mit dem Anbau von Baum-
wolle und den Anlagen von Gummi= und Agaven-
plantagen begonnen. Die neuen Unternehmungen
kommen in der diesjährigen Ausfuhrstatistik noch
nicht zur Geltung, wohl aber bei der Einfuhr,
die für Maschinen und Maschinenteile eine erheb-
liche Steigerung zeigt.
Wie in Deutsch-Ostafrika spielt auch in Britisch-
Ostafrika für die neuen Graskulturen die Arbeiter-
frage eine große Rolle. Sicher ist, daß, während
die benachbarte deutsche Kolonie die näötigen
Arbeiter aufzubringen in der Lage ist, Britisch-
Ostafrika mit seinem schlechten Eingeborenen-
material den Anforderungen einer gesteigerten
Plantagenwirtschaft auf die Dauer nicht genügen
kann. Die wirklich brauchbaren Arbeiter sind
zumeist Wanyamwesi, die in der Suche nach
lohnendem Erwerb seit Jahren in Mengen aus
Deutsch-Ostafrika auswandern.
Der Mangel an guten einheimischen Arbeitern
wird in baldiger Zeit die Einfuhr fremder Arbeiter
aus Indien notwendig machen.
Auch der Hebung der Eingeborenenkulturen
wird rege Aufmerksamkeit geschenkt. Die Cotton
Growing Association fördert den Anbau von
Baumwolle, indem sie den Eingeborenen freie
Saat liefert, sie belehrt und ihnen ihre Ernte
abkauft. In Uganda hat die Regierung erheb-
liche Opfer gebracht, um die Qualität der von
den Eingeborenen gezogenen Baumwolle zu heben.
Zur Förderung der Erdnußkultur hat die Re-
gierung in Britisch-Ostafrika in erheblichen Mengen
freie Saat verteilt.
Aus dem Plantagenbetrieb sowohl wie aus
den Eingeborenenkulturen ist für die nächsten
Jahre ein gesteigerter Export zu erwarten, auch
darf mir Sicherheit angenommen werden, daß
der jetzige Tiefstand in den Preisen der einzelnen
Exportartikel nur eine vorübergehende Erscheinung
ist. Mit der Hebung der Ausfuhr aber muß eine
Steigerung der Einfuhr Hand in Hand gehen.
Trotz der ungünstigen Geschäftslage, deren
Wirkungen sich noch auf längere Zeit fühlbar
machen werden, herrscht ein gesunder Optimismus,
der auch in der Etablierung neuer Handelsgesell-
schaften seinen Ausdruck findet.
(Nach einem Berichte des Kaiserl. Bizekonsulats
in Mombassa.)
Anbau und RKusfuhr von Candeserzeugnissen aus
Britisch-Ostafrika 1907/08.
Bei dem gewaltigen Wachsen der Ausfuhr
von Wachs aus Britisch-Ostafrika verlohnt es sich,
die Entwicklung der letzten Jahre zu verfolgen.
Von der gesamten Wachsausfuhr entfielen auf
Erzeugnisse
1903/4 1901/5 1905/6 1906.7 1907/8
# +#. 9L 1+ #+2
aus Britisch-
Ostafrika 1814 3925 51140 4376 7653
aus Deutsch-
stafrika — 159 16 445 13 953 43 970
Die gesteigerte Nachfrage auf dem Weltmarkte
hat dem Artikel, der noch vor fünf Jahren kaum
als Wertobjekt angesehen wurde, im Jahre 1907/08
die dritte Stelle in der Ausfuhrstatistik verschafft.
In Britisch-Ostafrika war es namentlich ein
deutscher Ansiedler, der die Eingeborenen, die bis
dahin die Waben wegzuwerfen pflegten, zum
Sammeln und Verkaufen anregte. Das britisch-
ostafrikanische Wachs kommt vornehmlich aus der
Gegend zwischen Kibwezi und Nairobi.
Im Vergleich viel erheblicher ist die Ausfuhr
aus der deutschen Nachbarkolonie, die nach dor-
tigen Statistiken in den Kalenderjahren 1904
bis 1906 rund 30 000, 65 000 und 45 000 S
ausführte, wovon 1905: 20000, 1906: 14000 S.
durch Britisch-Ostafrika gingen. Die diesjährige
Ziffer ist noch unvergleichlich höher und kenn-
zeichnet den immer weiter gehenden Einfluß der
Ugandabahn, die sich auch den Taboramarkt
mehr und mehr erobert hat.
Gehandelt wird das Wachs nach dem Frasila
zu 36 lbs. Der Preis betrug im April 1907
28⅛% Rp., siel dann im Sommer und Herbst
auf 27 und stieg gegen Ende des Berichtsjahres
wieder auf 27½ Rp., den es auch anfangs
August 1908, nach einem kurzen Steigen bis auf
28 1¼ Rp., wieder erzielt.
Ausgeführt wird der Artikel zum weitaus
größten Teil nach Hamburg. Die dortigen Preise
standen zu Anfang des Berichtsjahres auf 1,35
bis 1,36 /7, sanken im Herbst und Sommer auf
1,26 . und stiegen später wieder auf 1,30 bis
1,32 7“ für das deutsche Pfund
Die Kokospalme findet sich als Araber= und
Suahelikultur die ganze Küste entlang, ihre
Blätter (makuti) liefern die Bedachung für die
Eingeborenenhäuser, ihre Rinde gibt einen Faser-
stoff für gröbere Stricke und Taue, ihre Frucht
liefert in frischem Zustande (madafu) ein er-
quickendes Getränk, ihre eigentliche Bedeutung
für den Handel besteht jedoch in dem getrockneten,
stark ölhaltigen Fleisch der Nuß, der Kopra.
Die Trocknung geschieht an der Sonne, weniger
am Feuer, da die letztere Behandlung den Wert
vermindert.